Wissenschaft im Alltag: Elektronische Schutzengel
Die Kürzel ABS, ASR und ESP versprechen Rettung, wenn ein Fahrer die Kontrolle über seinen Wagen zu verlieren droht.
Als Wilhelm Maybach und Gottfried Daimler 1886 eine Kutsche mit einem Benzinmotor aufrüsteten und dann mit 18 Kilometer pro Stunde von Stuttgart nach Untertürkheim "rasten", verschwendeten sie nicht allzu viele Gedanken an das Bremsen. Die vorhandene Vorrichtung der Pferdekutsche genügte: Klotzbremsen, per Handkurbel auf die Hinterräder gepresst.
Heute beschleunigen manche Autos in zwanzig Sekunden von null auf 200 und kommen dank hydraulischer Scheibenbremsen bei einer Vollbremsung in fünf Sekunden zum Stehen - sofern die Reifen auf der Fahrbahn haften. Rutschen und gleiten sie jedoch, etwa auf regennasser Fahrbahn, greifen Fahrerassistenzsysteme ein und versuchen, den Wagen stabil zu halten. Das Antiblockiersystem (ABS) gehört bereits zur Serienausstattung, während das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) erst ab der Mittelklasse Standard ist. In jedem ESP ist zudem auch die Antriebsschlupfregelung (ASR) enthalten.
Nicht minder gefährlich wird es bei einem Schlupf von null, das heißt, wenn das Rad blockiert und gleitet. Reifen und Untergrund treten dann nämlich deutlich weniger in Kontakt, die Gleitreibung ist deshalb erheblich geringer als die Rollreibung. Zudem vermag der Reifen dann keine Seitenkräfte zu übertragen – das Fahrzeug ist nicht mehr lenkbar. Blockieren die Reifen in einer Kurve, driftet es deshalb nach außen oder kommt ins Schleudern. Schon vor rund hundert Jahren fanden Ingenieure die Lösung: die Stotterbremse. Aber erst 1978 war es mit Hilfe der Elektronik erstmals möglich, robuste und bezahlbare Systeme in Serie zu bringen. Heute erledigt das ABS, was früher der Fahrer geistesgegenwärtig im Gefahrenfall selbst besorgen musste: den Druck an der Bremse kurzzeitig zu unterbrechen, bis der Reifen wieder greift.
Zur Erfassung der Raddrehzahl werden meist so genannte Hall- Sensoren verwendet, die sehr feine Änderungen eines Magnetfelds messen können. Hierzu dreht sich mit der Radnabe beispielsweise ein stählernes Rad, auf dem Magnete mit wechselnder Polarität aufgebracht sind.
ABS und ASR sind Elemente des Elektronischen Stabilitätsprogramms, das in jeder Fahrsituation versucht, ein Auto auf dem gewünschten Kurs zu halten. Dazu vergleicht die Elektronik 150-mal in der Sekunde die Vorgaben des Fahrers – also Lenkrad-, Gas- beziehungsweise Bremspedalstellung – mit den tatsächlichen Fahrdaten.
Droht ein Fahrzeug ins Schleudern zu geraten, reduziert das ESP die Motorleistung und bremst einzelne Räder gezielt ab. So erzeugt es Drehmomente im Fahrzeug, die die ungewollte Schleuderbewegung kompensieren. Wird beispielsweise eine Kurve zu schnell angefahren, beginnt der Wagen dann nicht zu gieren – also sich um seine senkrechte Achse zu drehen – und schleudern, sondern driftet schlimmstenfalls nach außen und ist dadurch wesentlich besser beherrschbar.
Befürchtungen, die Hilfe der Assistenzsysteme könnte manchen zu einer riskanteren Fahrweise verleiten, halten die Automobilhersteller Studien entgegen, die zeigen, dass seit Einführung von ESP die Zahl der Unfälle zurückging. Die nächste Generation steht deshalb bereits in den Startlöchern: Die Elektronik soll direkt auf die Lenkung und die Bremsen zugreifen können, außerdem auf Motor, Stoßdämpfer und Stabilisatoren des Fahrwerks. Der Fahrer gibt weiterhin die Richtung vor, der Bordcomputer greift bei Bedarf jedoch korrigierend ein. Tatsächlich gibt es bereits Limousinen, in denen elektronisch gesteuerte Elektromotoren im Gefahrenfall das Gegenlenken übernehmen oder dem Fahrer zeigen, wo es langgehen sollte: Will er das Lenkrad falsch einschlagen, muss er dafür mehr Kraft aufwenden als bei Lenkung in die nach Datenlage optimale Richtung.
Wussten Sie schon?
Bei Eis und Schnee sollte man zwar behutsam und vorsichtig fahren, doch wenn das Fahrzeug über ABS verfügt, gilt: im Gefahrenfall voll auf die Bremse! Denn ABS regelt den Schlupf der Räder so, dass sie maximal verzögern – so gut es auf der glatten Fahrbahn eben geht.
Der so genannte Elchtest brachte dem ESP den Durchbruch auf dem Markt. 1997 versagte ein Fahrzeug der gerade neu entwickelten Mercedes-A-Klasse in Schweden bei einem Test, der das Ausweichen bei einem auf die Fahrbahn tretenden Elch simulierte. Der Wagen überschlug sich. Erst nach Fahrwerksmodifikationen und serienmäßiger Ausstattung mit ESP kam die A-Klasse wieder auf den Markt. Der Elchtest wurde inzwischen unter dem Namen Spurwechseltest vom Verband der deutschen Automobilindustrie genormt.
ESP soll verhindern, dass ein Wagen ins Schleudern gerät. Dementsprechend müsste seine Verbreitung vor allem Unfälle vermeiden helfen, in die nur ein Fahrzeug verwickelt ist. Tatsächlich belegen einige Studien diesen Effekt. Forscher des Unternehmens Toyota analysierten japanische Unfallstatistiken aus dem Jahr 2001 und kamen zu dem Schluss, dass die Zahl der Alleinunfälle dank ESP um 30 Prozent zurückgegangen war, bei Beschränkung auf schwere Alleinunfälle erhöhte sich diese Effektivität auf 50 Prozent. Amerikanische Institute kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Die schwedische Straßenbehörde unterschied nicht zwischen Alleinunfällen und solchen mit Beteiligung anderer Fahrzeuge und berechnete die Effektivität von ESP mit etwa 22 Prozent. Auf nassen Straßen stieg sie um rund 10 und auf Fahrbahnen mit Schnee und Eis sogar um etwa 18 Prozent.
Heute beschleunigen manche Autos in zwanzig Sekunden von null auf 200 und kommen dank hydraulischer Scheibenbremsen bei einer Vollbremsung in fünf Sekunden zum Stehen - sofern die Reifen auf der Fahrbahn haften. Rutschen und gleiten sie jedoch, etwa auf regennasser Fahrbahn, greifen Fahrerassistenzsysteme ein und versuchen, den Wagen stabil zu halten. Das Antiblockiersystem (ABS) gehört bereits zur Serienausstattung, während das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) erst ab der Mittelklasse Standard ist. In jedem ESP ist zudem auch die Antriebsschlupfregelung (ASR) enthalten.
Ein bisschen Schlupf muss sein: Wenn Reifen etwas durchrutschen, werden die Kräfte des Motors am besten auf die Straße übertragen. Zehn bis dreißig Prozent darf die Umfangsgeschwindigkeit des Rads größer oder kleiner als die des Fahrzeugs sein. Durchdrehen darf es freilich nicht, etwa wenn der Reifen bei starker Beschleunigung auf einer rutschigen Fahrbahndecke die Haftung verliert. Die Antriebsschlupfregelung misst die Drehgeschwindigkeit der einzelnen Räder, ermittelt zu hohen Schlupf und bremst das entsprechende Rad ab, bis es wieder greift.
Nicht minder gefährlich wird es bei einem Schlupf von null, das heißt, wenn das Rad blockiert und gleitet. Reifen und Untergrund treten dann nämlich deutlich weniger in Kontakt, die Gleitreibung ist deshalb erheblich geringer als die Rollreibung. Zudem vermag der Reifen dann keine Seitenkräfte zu übertragen – das Fahrzeug ist nicht mehr lenkbar. Blockieren die Reifen in einer Kurve, driftet es deshalb nach außen oder kommt ins Schleudern. Schon vor rund hundert Jahren fanden Ingenieure die Lösung: die Stotterbremse. Aber erst 1978 war es mit Hilfe der Elektronik erstmals möglich, robuste und bezahlbare Systeme in Serie zu bringen. Heute erledigt das ABS, was früher der Fahrer geistesgegenwärtig im Gefahrenfall selbst besorgen musste: den Druck an der Bremse kurzzeitig zu unterbrechen, bis der Reifen wieder greift.
Zur Erfassung der Raddrehzahl werden meist so genannte Hall- Sensoren verwendet, die sehr feine Änderungen eines Magnetfelds messen können. Hierzu dreht sich mit der Radnabe beispielsweise ein stählernes Rad, auf dem Magnete mit wechselnder Polarität aufgebracht sind.
ABS und ASR sind Elemente des Elektronischen Stabilitätsprogramms, das in jeder Fahrsituation versucht, ein Auto auf dem gewünschten Kurs zu halten. Dazu vergleicht die Elektronik 150-mal in der Sekunde die Vorgaben des Fahrers – also Lenkrad-, Gas- beziehungsweise Bremspedalstellung – mit den tatsächlichen Fahrdaten.
Droht ein Fahrzeug ins Schleudern zu geraten, reduziert das ESP die Motorleistung und bremst einzelne Räder gezielt ab. So erzeugt es Drehmomente im Fahrzeug, die die ungewollte Schleuderbewegung kompensieren. Wird beispielsweise eine Kurve zu schnell angefahren, beginnt der Wagen dann nicht zu gieren – also sich um seine senkrechte Achse zu drehen – und schleudern, sondern driftet schlimmstenfalls nach außen und ist dadurch wesentlich besser beherrschbar.
Das ESP empfängt Daten von diversen Sensoren. Diese erfassen beispielsweise die Umfangs- geschwindigkeiten und Drehrichtungen der Räder, die Stellung des Lenkrads, Dreh- und Kippbewegungen des Wagens. Um linear wirkende Beschleunigungen zu messen, kommen oft wieder Hall-Sensoren zum Einsatz. Sie werden mit einer hochkant gestellten bandförmigen Feder kombiniert, auf die ein Magnet aufgesetzt ist. Driftet der Wagen zum Beispiel seitlich weg, wird die Feder ausgelenkt und damit das Magnetfeld im Messbereich des Sensors verändert. Um beginnendes Schleudern des Fahrzeugs zu entdecken und die Drehrate um die Hochachse zu messen, nutzt man mikromechanische Sensoren. In diesen werden wenige Mikrometer große Siliziumplatten in Schwingung versetzt. Giert der Wagen, wird deren seitliche Auslenkung registriert.
Befürchtungen, die Hilfe der Assistenzsysteme könnte manchen zu einer riskanteren Fahrweise verleiten, halten die Automobilhersteller Studien entgegen, die zeigen, dass seit Einführung von ESP die Zahl der Unfälle zurückging. Die nächste Generation steht deshalb bereits in den Startlöchern: Die Elektronik soll direkt auf die Lenkung und die Bremsen zugreifen können, außerdem auf Motor, Stoßdämpfer und Stabilisatoren des Fahrwerks. Der Fahrer gibt weiterhin die Richtung vor, der Bordcomputer greift bei Bedarf jedoch korrigierend ein. Tatsächlich gibt es bereits Limousinen, in denen elektronisch gesteuerte Elektromotoren im Gefahrenfall das Gegenlenken übernehmen oder dem Fahrer zeigen, wo es langgehen sollte: Will er das Lenkrad falsch einschlagen, muss er dafür mehr Kraft aufwenden als bei Lenkung in die nach Datenlage optimale Richtung.
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