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Fehlinformationen: Irrtum erlaubt, aber nur mit gutem Grund

Ein Philosoph hat untersucht, was wir mit Fug und Recht behaupten dürfen. Demnach muss eine Aussage nicht wahr sein, sollte allerdings auch nicht nur auf einem Bauchgefühl gründen.
Rotes Warndreieck mit Ausrufezeichen vor vielen grauen Dreiecken mit Fragezeichen

Ständig behaupten Leute irgendwelche Dinge, ohne sie vernünftig belegen zu können. Nicht nur im Wahlkampf, wo seit jeher das Wunschdenken regiert, und in den sozialen Medien, wo wilde Theorien ihre eigene Pandemie feiern. In trumpscher Tradition scheinen immer mehr Menschen zu meinen, ihr »Bauchgefühl« genüge, um sonst nicht weiter begründbare Behauptungen in die Welt zu setzen. Ist das womöglich die neue Norm?

Nein, sagt der Philosoph Markus Kneer von der Universität Zürich. In zwei Experimenten hat er überprüft, woran eine Aussage gemessen und wann sie für legitim befunden wird: Reicht eine Vermutung? Braucht man eine verlässliche Quelle? Oder muss sich eine Aussage sogar als wahr erweisen, um zulässig zu sein?

In der Philosophie gibt es Vertreter für jede dieser Positionen. Doch Kneer wollte wissen, welcher Maßstab im wahren Leben gilt. Er konfrontierte deshalb rund 500 Versuchspersonen aus den USA, Deutschland und Japan mit einem klassischen Fallbeispiel aus der Erkenntnislehre: Bob hat eine Freundin, Jill, die lange ein Auto einer US-Marke fuhr. Bob glaubt also aus gutem Grund, dass Jill das auch weiterhin tut, es stimmt aber nicht. Dennoch darf er das behaupten, urteilten rund 80 Prozent der Versuchspersonen.

Eine Aussage muss also nicht wahr sein. Eine Vermutung allein genügt allerdings nicht, wie eine zweite Befragung von rund 600 Personen ergab. Das Fallbeispiel hier: Ein Mann wird am Flughafen gefragt, von welchem Gate der Flug nach Paris abgeht. Er schaut in einer Liste nach. In einer Variante des Falls findet er dort die Information, in der anderen nicht, er hat aber ein Gefühl (»a hunch«), welches Gate es sein könnte. In beiden Fällen nennt er die Nummer. Handelt er richtig?

Ja, sagten 96 Prozent der Befragten in den USA und Japan und 99 Prozent der Deutschen – wenn er sich auf die Liste stützte. Gründete er seine Aussage lediglich auf ein Gefühl, waren deutlich weniger einverstanden: 12 Prozent der Befragten in den USA, 7 Prozent in Deutschland und 2 Prozent in Japan.

Eine »gewisse Missachtung« der Wahrheit

Eine Aussage setze weder Wahrheit noch Wissen voraus, fasst Autor Markus Kneer zusammen. Doch »um in der Position zu sein, Aussage X zu treffen, muss man gute Gründe haben, X zu glauben«. Von einer universellen Norm will der Philosoph angesichts der Stichprobe aus drei Ländern nicht sprechen. Aber zumindest für Deutschland, die USA und Japan gelte: »Die Menschen stören sich streng genommen nicht an falschen, sondern an ungerechtfertigten Behauptungen, in denen sich eine gewisse Missachtung der Wahrheit zeigt.«

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