News: Fehlermeldung
In unmittelbarer Nachbarschaft zum frontalen Augenfeld liegt das supplementäre Augenfeld. Seine genaue Funktion war bisher noch unbekannt. Die Wissenschaftler nahmen an, dass es an der Steuerung der Augenbewegungen mit beteiligt ist.
Jeffrey Schall vomVanderbilt Vision Research Center der Vanderbilt University in Nashville hat zusammen mit seinen Mitarbeitern Veit Stuphorn und Tracy Taylor das rätselhafte supplementäre Augenfeld genauer unter die Lupe genommen. Ihre Versuchstiere waren zwei Makaken, die einen zentralen Lichtpunkt auf einem Computerbildschirm fixierten. Dann verschwand der Lichtpunkt, und ein neuer erschien am Bildschirmrand. Wenn die Affen ihren Blick auf den neuen Punkt richteten, bekamen sie eine Belohnung. Die Tiere lernten schnell, wo sie den gewinnversprechenden Lichtpunkt zu erwarten hatten.
Doch ab und zu änderten die Wissenschaftler ihr Spiel: Der zentrale Punkt verschwand, tauchte dann aber wieder an der gleichen Stelle auf. Die Makaken, die ihre Blickrichtung erwartungsvoll bereits zum Bildschirmrand gelenkt hatten, erhielten ihre Belohnung nur dann, wenn sie ihren Fehler erkannten und ihre Blickrichtung korrigierten.
Während der ganzen Zeit registrierten die Forscher nicht nur die Augenbewegungen ihrer Versuchstiere, sondern auch die Neuronenaktivitäten im supplementären Augenfeld des Gehirns. Sie fanden deutliche Unterschiede zum frontalen Augenfeld. "Es scheint, dass die Neuronen des sekundären Augenfeldes die Augenbewegung beobachten, aber nicht kontrollieren", erklärt Schall. Seine Arbeitsgruppe fand hier drei verschiedene Neuronentypen: Der erste Typ feuert, wenn der Affe erfasst, er hat sich richtig entschieden und kann sich auf eine Belohnung freuen. Der zweite Typ wird aktiv, wenn das Tier sich falsch entscheidet, aber dennoch seine Belohnung erwartet. Der dritte Typ schließlich ist der interessanteste: Die Neuronen antworten nur dann, wenn der Affe eine falsche Entscheidung merkt und schnell korrigiert (Nature vom 14. Dezember 2000).
Die Wissenschaftler wollen jetzt herausfinden, wie das Gehirn mit den Fehlermeldungen umgeht. "Der nächste Schritt ist der Versuch zu verstehen, wie diese Neuronen andere Teile des Gehirns beeinflussen", erläutert Schall. Er erhofft sich dadurch neue Erkenntnisse über psychische Krankheiten wie Schizophrenie.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 21.11.2000
"Keine Tabula rasa"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 1/2000, Seite 36
"Das Sehen – ein Fenster zum Bewußtsein"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 9/1993, Seite 42
"Bildung repräsentationaler Zustände im Gehirn"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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