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News: Flippergespräche

Walgesänge, der schrille Pfiff der Delphine - wir wissen schon lange, dass die Meeressäuger sich unter Wasser über Rufe verständigen. In Gefangenschaft ahmen die Tiere auch Signale aus ihrer Umgebung nach - wie Papageien, die ganze Sätze lernen und wieder aufsagen können. Offenbar imitieren Große Tümmler auch im Freiland den charakteristischen Ruf eines Artgenossen, um ihm ganz gezielt zu antworten.
Die meisten Menschen kennen Flipper, den Großen Tümmler, der Schwimmer rettet und seinen kleinen Freund aufgeregt pfeifend fröhlich begrüßt. Seitdem sind die Delphine so eine Art Streicheltiere der Meere geworden – gutmütig, verspielt, immer zu Scherzen aufgelegt. Entsprechend ungläubig reagierte die Öffentlichkeit, als Wissenschaftler im Sommer 1998 berichteten, dass ausgerechnet diese sanften grauen Gesellen selbst ihre eigenen Jungen angreifen und töten.

Verhaltensbiologen und Sprachforscher jedoch beschäftigen sich auch weiterhin gern mit den geschickten Schwimmern. Denn abgesehen vom Menschen sind Delphine offenbar die einzigen Säugetiere, die Laute nachahmen, die sie von anderen gehört haben – eine Fähigkeit, die eher in der Vogelwelt verbreitet ist. Ein in Gefangenschaft geborener Großer Tümmler (Tursiops truncatus) entwickelt in den ersten Monaten seines Lebens einen charakteristischen Ruf, an dem ihn andere sofort eindeutig erkennen können. Fremde Laute ahmen sie schon im ersten Anlauf erfolgreich nach, und sie behalten diese Fähigkeit ihr Leben lang. In einigen Untersuchungen wiesen Forscher nach, dass Individuen die Signale nutzen, um mit Bekannten zu kommunzieren, die sie nicht sehen können. Allerdings stammten die Ergebnisse vorwiegend aus Studien mit Tieren in Gefangenschaft – wie sich die Meeressäuger im Freiland verständigen, war bisher noch nicht endgültig geklärt.

Darum hat Vincent M. Janik vom Woods Hole Oceanographic Institute nun einer Gruppe Großer Tümmler vor der schottischen Küste ganz genau zugehört. Um die Tiere nicht mit Booten zu stören, befestigte er am Meeresboden sechs Unterwassermikrophone, mit denen er die einzelnen Rufe aufzeichnete. Dann analysierten seine Mitarbeiter und er, welche Rufe zueinander passten – und ob sie von verschiedenen Tieren stammten. So konnten sie aus insgesamt 1719 aufgenommenen Signalen 176 Rufe herauspicken, bei denen ein Delphin den Ruf eines anderen imitierte, um ihm zu antworten.

In 80 Prozent der Fälle folgte der zweite Ruf in weniger als einer Sekunde auf den ersten. Im Mittel waren die Delphine dabei 179 Meter voneinander entfernt, während in seltenen Fällen die Antwort wohl aus vollem Halse kommen musste, um die bis zu 580 Meter zu überbrücken. Manchmal überschnitten sich die Signale verschiedener Tiere sogar. Bei Vögeln ist das ein Zeichen von Aggression, erklärt Janik, vielleicht ist es das auch bei den Delphinen.

Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse, dass die flinken Meeressäuger auch in der freien Wildbahn Rufe von anderen Artgenossen lernen und gezielt einsetzen, um ihnen zu antworten. Dabei scheinen sie sich nicht nur freundlich zu begrüßen, sondern durchaus auch Abwehr zu zeigen. Janik zufolge sind sie damit die einzigen Säugetiere mit Ausnahme des Menschen, die eine Lautäußerung eines anderen gezielt nachahmen, um zu kommunizieren. Diesen Nachahmungsprozess halten Forscher für einen äußerst wichtigen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Sprache, die viele immer noch als die herausragende Leistung unserer Spezies betrachten. Aber offensichtlich haben Delphine denselben Schritt auch vollzogen – unter ganz anderen Lebensbedingungen als wir.

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