Direkt zum Inhalt

News: Gentherapie gegen Diabetes?

Die Zuckerkrankheit gehört zu den häufigsten Stoffwechselerkrankungen in Deutschland. Täglich müssen die Betroffenen durch Insulinspritzen ihren Blutzucker regulieren. Vielleicht könnte sich das in Zukunft für einige Betroffene erübrigen, hoffen amerikanische Wissenschaftler. Zumindest bei Mäusen funktionierte ihre Gentherapie: Die Tiere konnten wieder Insulin produzieren.
Der Treibstoff unseres Körpers heißt Zucker. Über die Nahrung wird der Betriebsstoff regelmäßig ergänzt, über das Blut in jeden entlegenen Winkel unseres Körpers transportiert. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel ist jedoch zuviel des Guten. Der Körper muss ihn also ständig regulieren. Dies geschieht über das Wechselspiel zwischen den Hormonen Insulin und Glucagon: Steigt der Glucosespiegel des Blutes, dann schütten die Betazellen der Bauchspeicheldrüse Insulin aus, das wiederum die Leber stimuliert, Glucose aus dem Blut abzufangen. Bei zu geringem Glucosespiegel des Blutes geben die Alphazellen das Hormon Glucagon ab, woraufhin die Leber wieder Glucose ins Blut ausschüttet.

Insulinmangel führt zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel – das Hauptsymptom der Zuckerkrankheit. Die Ärzte unterschieden zwei Formen der Erkrankung: Bei Diabetes mellitus Typ I werden die Betazellen des Pankreas durch eine Autoimmunreaktion angegriffen, sodass sie kein Insulin mehr produzieren können. Häufiger ist Diabetes mellitus Typ II, die meist erst im fortgeschritteten Alter auftritt. Hier reagieren die Zielzellen nicht richtig auf das Insulin des Blutes.

Um Diabetes mellitus Typ I genetisch zu behandeln, benötigt man einen Ersatz für die zerstörten Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Im Magen und Darm sitzen die so genannten K-Zellen, die wie die Betazellen auf Glucose reagieren. Unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme produzieren sie das Hormon GIP (glucose-dependent insulinotropic polypeptide), das normalerweise die Insulinproduktion anregt. Auf diese Zellen konzentrierte sich Timothy Kieffer vom Department of Medicine der University of Alberta im kanadischen Edmonton. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern isolierte er das Gen für die Herstellung menschlichen Insulins und pflanzte es in die K-Zellen von Mäusen ein – und zwar genau in die GIP-Region. Die Betazellen der Tiere waren zerstört, sodass sie kein Insulin bilden konnten. Nach der Gentherapie produzierten die K-Zellen der Mäuse menschliches Insulin – die Tiere waren von Diabetes geheilt (Science vom 8. Dezember 2000).

Die Wissenschaftler hoffen, auf die gleiche Wiese Diabetes beim Menschen behandeln zu können. "Genetisch veränderte K-Zellen im Darm, die Insulin produzieren, könnten ein realistischer Weg für die Therapie von Diabetes sein", betont Kieffer. "Die Patienten wären vom wiederholten Insulinspritzen befreit, die mit der Krankheit auftretenden Komplikationen könnten reduziert oder sogar eliminiert werden." Andere Wissenschaftler geben sich da etwas vorsichtiger. "Es ist ein langer Weg zu der Hoffnung, Menschen mit Diabetes heilen zu können", meint die britische Wissenschaftlerin Moira Murphy. "Es gibt immer noch Zweifel, ob irgendeine Art von Gentherapie jemals eine neue Behandlungsmöglichkeit für die zunehmende Zahl der Betroffenen sein kann."

Siehe auch

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.