Sonnensystem: Gewichtiger Einfluss
Unter dem Eispanzer des Jupitermondes Ganymed scheint eine Überraschung auf Geologen zu warten. Doch was genau sich dort befindet, werden erst zukünftige Missionen klären können.
Physiker rechnen am liebsten mit punktförmigen Massen. Alles Gewicht auf den Schwerpunkt des jeweiligen Körpers vereinigt, lassen sich so die meisten Probleme schnell und elegant lösen. Auch die Bewegung der Gestirne wird auf diese Weise berechenbar. Kritisch wird es nur, wenn man einem Himmelskörper sehr nahe kommt. Denn dann machen sich durchaus Variationen in seinem Schwerefeld bemerkbar, die auf eine ungleiche Massenverteilung im Innern zurückzuführen ist.
Und so kommt es, dass nun eine Veröffentlichung mit sieben Jahre alten Daten Eingang in Science gefunden hat. "Ob Sie es glauben oder nicht, es hat so lange gebraucht, die Anomalie-Frage zu klären – vor allem deshalb, weil wir 31 Vorbeiflüge für alle großen Jupiter-Monde untersuchen mussten", erklärt Anderson. "Am Ende fanden wir nur einen Vorbeiflug, den zweiten an Ganymed, bei dem Massenanomalien eine Rolle spielten."
Das ausgerechnet Ganymed diese Besonderheit aufweist, ist für die Wissenschaftler durchaus überraschend, denn schließlich besteht der drittgrößte Jupitermond hauptsächlich aus Eis. Der Kern ist zwar ähnlich wie bei der Erde metallisch, umgeben von einem Gesteinsmantel, doch darum befindet sich ein dicker bis zu 800 Kilometer mächtiger Eispanzer. Da auf der Oberfläche nichts Auffälliges zu entdecken ist, was die gemessene Bahnabweichung der Galileo-Sonde erklären könnte, darf nun spekuliert werden. Die Forscher vermuten, dass vielleicht in der Nähe der Oberfläche das Eis so stabil und hart ist, dass es auch über geologische Zeiträume von Milliarden von Jahren Gesteinsmaterial tragen konnte. Aber auch am Grund der Eiskruste könnte das Material liegen und noch seinen schwergewichtigen Einfluss geltend machen.
Doch nichts Genaues weiß man nicht, solange nicht jemand hinfliegt und nachschaut. Möglicherweise kann der Jupiter-Icy-Moons-Orbiter der Nasa für Klarheit sorgen, wenn die Mission denn tatsächlich 2012 zu den großen Jupitermonden aufbricht. Bis dahin heißt es dann wohl warten und den punktförmigen Mond durchs Teleskop bestaunen.
Die Erdanziehung beispielsweise ändert sich erheblich, je nachdem, ob sich der Standort über dem Meer oder der Festlandmasse befindet. Die Kräfte ziehen und zerren an unserem Heimatplaneten so sehr, dass dessen Gestalt eher an eine Kartoffel als an eine abgeplattete Kugel erinnert. Selbst die Wasserbilanz von großen Flüssen spiegelt sich in Schwerkraftsmessungen wider, wie Forscher des Geoforschungszentrums Potsdam unlängst mit dem Satellitenduo Grace zeigen konnte.
Aber nicht nur die Erde weißt Schwerkraftanomalien auf, auch unser Begleitgestirn, der Mond, kann trotz seines offenkundig runden Antlitzes mit derartigen Unregelmäßigkeiten aufwarten. So befindet sich etwa nahe des Mare Crisium ("Meer der Gefahren") eine solche Schwerkraftanomalie, welche die Bahn von Satelliten um den Erdtrabanten erheblich stört und bewirkt, dass Satelliten in einer engen Umlaufbahn um den Mond ohne Korrekturen nach einigen Jahren entweder abstürzen oder in den interplanetaren Raum geschleudert werden. Die dem Phänomen zugrunde liegende Massenkonzentration – kurz mascon – befindet sich im Bereich eines Einschlagkraters und ist entweder auf Fragmente eines Asteroiden oder Kometen oder auf das schwere vulkanische Gesteinsmaterial zurückzuführen, das später in der Senke erkaltet ist.
Nun haben Wissenschaftler um John Anderson von der Universität von Kalifornien in Los Angeles eine Massenanomalie auf einem anderen Himmelskörper im Sonnensystem ausgemacht: dem Jupitermond Ganymed. Die Daten mit dem Hinweis auf das unregelmäßige Schwerefeld sind dabei älteren Datums. Sie stammen vom zweiten Vorbeiflug der Galileo-Sonde an dem Mond am 6. September 1996. Mittlerweile ist Galileo längst in der Atmosphäre des Gasriesen verglüht – wohlgemerkt, nicht weil irgendeine Schwerkraftanomalie den Satelliten aus der Bahn geworfen hat, sondern weil der Treibstoff der Sonde aufgebraucht war und die Nasa keine ungewollte Kollision und Kontermination eines der Jupitermonde riskieren wollte. Jedenfalls hat Galileo während seiner 14-jährigen Reise dermaßen viele Daten gesammelt, dass die Wissenschaftler nur nach und nach dazu kommen, diese zu sichten und auszuwerten.
Und so kommt es, dass nun eine Veröffentlichung mit sieben Jahre alten Daten Eingang in Science gefunden hat. "Ob Sie es glauben oder nicht, es hat so lange gebraucht, die Anomalie-Frage zu klären – vor allem deshalb, weil wir 31 Vorbeiflüge für alle großen Jupiter-Monde untersuchen mussten", erklärt Anderson. "Am Ende fanden wir nur einen Vorbeiflug, den zweiten an Ganymed, bei dem Massenanomalien eine Rolle spielten."
Das ausgerechnet Ganymed diese Besonderheit aufweist, ist für die Wissenschaftler durchaus überraschend, denn schließlich besteht der drittgrößte Jupitermond hauptsächlich aus Eis. Der Kern ist zwar ähnlich wie bei der Erde metallisch, umgeben von einem Gesteinsmantel, doch darum befindet sich ein dicker bis zu 800 Kilometer mächtiger Eispanzer. Da auf der Oberfläche nichts Auffälliges zu entdecken ist, was die gemessene Bahnabweichung der Galileo-Sonde erklären könnte, darf nun spekuliert werden. Die Forscher vermuten, dass vielleicht in der Nähe der Oberfläche das Eis so stabil und hart ist, dass es auch über geologische Zeiträume von Milliarden von Jahren Gesteinsmaterial tragen konnte. Aber auch am Grund der Eiskruste könnte das Material liegen und noch seinen schwergewichtigen Einfluss geltend machen.
Doch nichts Genaues weiß man nicht, solange nicht jemand hinfliegt und nachschaut. Möglicherweise kann der Jupiter-Icy-Moons-Orbiter der Nasa für Klarheit sorgen, wenn die Mission denn tatsächlich 2012 zu den großen Jupitermonden aufbricht. Bis dahin heißt es dann wohl warten und den punktförmigen Mond durchs Teleskop bestaunen.
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