News: Gift riecht rot
Auf einer reaktionsträgen Unterlage – zum Beispiel Papier, Glas oder Kunststoff – brachten die Forscher winzige Punkte verschiedener Farbstoffe an. Mit einem einfachen Flachbettscanner oder einer Digitalkamera erfassten sie dann die Farbmuster vor und nach der Geruchsprobe. "Indem wir das erste Bild von dem zweiten abziehen, erhalten wir das geänderte Muster des Duftstoffs", erläutert Suslick. Anschließend verglichen die Forscher das Ergebnis mit einer Musterkartei, so dass sie die chemischen Verbindungen schnell identifizieren konnten. Auch viele Gifte, die bisherige Sensoren nicht erfassen, lassen sich mit Hilfe der Metalloporphyrine erkennen.
"Unsere Technik entspricht Lackmus-Papier, mit dem man feststellt, ob eine Lösung sauer ist. Denn dann ändert sich die Farbe von blau zu violett", erklärt Suslick. "Aber wir haben sie so verallgemeinert, dass wir eine ganze Bandbreite von chemischen Eigenschaften mit einer Anordnung von vielen verschiedenen Farbstoffen genau überprüfen können. Die Veränderungen in der Anordnung ergeben einen für jeden Dampf einzigartigen Fingerabdruck."
Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass sich die Ergebnisse nicht ändern, auch wenn Wasserdampf in der Nähe ist. Denn Feuchtigkeit stört die meisten bisher bekannten Sensoren.
Die Empfindlichkeit übertrifft bereits die der menschlichen Nase. Diese kann Gerüche bei einer Konzentration von einigen ppm (Parts per Million, Teile pro einer Million Teilchen) erkennen. Mit ihrem Sensor haben die Forscher aber sogar Konzentrationen von weniger als einigen Hundert (Parts per Billion, Teile pro einer Milliarde Teilchen) nachgewiesen. "Die Empfindlichkeit unserer künstlichen Nase ist für viele Verbindungen 10- bis 100-mal besser", sagt Suslick.
Bereits in den 50er Jahren versuchten Wissenschaftler, Gerüche mittels elektronischer Instrumente zu detektieren. In den 80ern gelang es erstmals, mit Hilfe von Metalloxiden Gerüche zu klassifizieren. Neue Sensor-Technologien allein reichen jedoch nicht, um leistungsfähige, künstliche Nasen zu erzeugen. Wichtig ist auch eine leistungfähige Software, welche die Muster in den Farbstoffanordnungen erkennt. Ohne die rasende Entwicklung von Computern wäre die neue Erfindung nicht möglich gewesen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 15.3.1999
"Ein Näschen für die Kombinatorik"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.