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News: Giftige Liebe

Sex ist gefährlich. Insbesondere wenn man ein Falter ist und dafür neun Stunden braucht - warten doch gefrässige Spinnen auf eine günstige Gelegenheit für ein leckeres Mahl. Doch die Männchen des Bärenspinners Cosmosoma myrodora wissen sich zu wehren: Vor ihrem Rendez-vous mit einem Weibchen nehmen sie Pflanzengifte auf und scheiden sie während der Paarung wieder aus, sodass hungrige Räuber das Liebespaar verschmähen.
Die Schmetterlingsfamilie der Bärenspinner (Arctiidae) offenbaren sich als wahre Giftmischer. Viele der buntgefärbten Arten produzieren übelschmeckende oder -riechende Substanzen entweder selbst oder nehmen sie von Pflanzen auf. Jeder Räuber, der solch einen giftigen Nachtfalter verspeist hat, wird in Zukunft einen großen Bogen um ihn machen.

Manche Bärenspinner setzen ihre Gifte jedoch nicht nur als Schutz, sondern auch beim Sex ein. Die Männchen einiger Arten nehmen von ihren Futterpflanzen Pyrrolizidin-Alkaloide auf und wandeln sie in ein Pheromon um, das die Weibchen anlockt. Die Männchen der in Nordamerika beheimateten Bärenspinnerart Cosmosoma myrodora sind dabei besonders pfiffig, wie William Conner von der Wake Forest University zusammen mit seinen Kollegen festgestellt hat (Proceeding of the National Academy of Sciences vom 19. Dezember 2000, Volltext).

In der Nacht, in der die Männchen den Drang verspüren, sich zu paaren, suchen sie zunächst bestimmte Pflanzen, wie beispielsweise Eupatorium capillifolium, auf. Dieser Korbblütler, verwandt mit dem heimischen Wasserdost, produziert Pyrrolizidin-Alkaloide, die ihn davor schützen, von Pflanzenfressern verspeist zu werden. Das Faltermännchen "landet auf der Pflanze, erbricht auf der Pflanze, um die Alkaloide zu lösen und trinkt dann wieder die toxische Flüssigkeit", erzählt Conner. Das Gift speichert das Männchen in einem mit feinen Filamenten ausgekleideten Beutel an seinem Hinterleib. Jetzt ist es gegen gefährliche Fressfeinde wie Spinnen oder Fledermäuse gefeit und kann auf Brautschau gehen.

Als Brautgeschenk stößt das Männchen seine giftigen Fäden wieder aus und schützt so nicht nur sich selbst, sondern auch seine Gattin. Für die neunstündige Paarung sind die beiden nun völlig ungestört. Nach der Kopulation behält das Weibchen die giftige Liebesgabe, sodass es auch für die Eiablage unbehelligt von Fressfeinden bleibt. Selbst die Eier werden von hungrigen Ameisen oder Marienkäfer verschont, die sonst nur ungern auf solche eiweißreichen Leckerbissen verzichten.

Conner machte mit den Faltern die Probe aufs Exempel. Er platzierte sie direkt in das Netz der Spinne Nephila claviceps. Statt sich auf die Beute zu stürzen, schnitt die Spinne den giftigen Falter aus dem Netz heraus.

"Es scheint eine starke Verbindung zwischen chemischer Verteidigung und Sex zu geben", erläutert Conner. "So wie beim Menschen junge Frauen wahrscheinlich die Männer bevorzugen, die sie und ihren Haushalt behüten können, macht es auch für weibliche Insekten Sinn, die Männchen auszusuchen, die Sicherheit für sie und ihren Nachwuchs bieten."

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