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News: Habitable Zone und Gezeitenheizung

Die habitable Zone um einen Stern ist der Bereich, innerhalb der nach irdischen Maßstäben Leben existieren kann. Bisher werden dabei nur die Eigenschaften des Sterns berücksichtigt. Eine Heizung des Planeten durch Gezeitenkräfte kann die habitable Zone jedoch verschieben.
Habitable Zone im Sonnensystem
In unserem Sonnensystem befindet sich die Erde in einem solchen Abstand zum Glutofen Sonne, der ihr Oberflächentemperaturen beschert, bei denen Wasser zumeist in flüssiger Form auftritt. Der Bereich, bei dem dies zutrifft, ist die habitable Zone. Die Bahnen unserer Nachbarplaneten Venus und Mars liegen beide knapp jenseits dieser Zone. Auf der Venus wäre es demzufolge – auch ohne ihren enormen Treibhauseffekt – zu heiß, auf Mars hingegen zu kalt für Leben, wie wir es kennen.

Die Ausdehnung der habitablen Zone um einen Stern hängt in erster Linie von dessen Temperatur und Leuchtkraft ab. Bei heißen und hellen Sternen liegt der für Leben günstige Bereich in größerer Entfernung vom Stern als bei kühlen und weniger hellen Sternen. Planeten in Umlaufbahnen, die näher als die habitable Zone ihren Stern umkreisen, werden gegrillt, Planeten außerhalb sind Eisblöcke.

Bisherige Betrachtungen berücksichtigen sehr wohl die Eigenschaften des Sterns, vernachlässigen jedoch die Gezeitenkräfte zwischen Stern und Planet. Die drei Astronomen Brian Jackson, Rory Barnes und Richard Greenberg vom Lunar and Planetary Laboratory der Universität von Arizona haben diesen Effekt nun berechnet. Umkreist ein Exoplanet sein Zentralgestirn nicht wie die Erde auf einer nahezu kreisförmigen, sondern auf einer stärker elliptischen Bahn, dann wird der Planet durch die Gezeitenkräfte bei geringem Abstand zum Stern stark deformiert, und weniger stark, wenn der Planet einen größeren Abstand innehat. Die daraus resultierende Reibung erzeugt im Planeteninneren Hitze, die dort geologische Prozesse antreiben kann.

Die Ergebnisse besagen, dass die Gezeitenreibung bei den vor nicht langer Zeit entdeckten Supererden GJ 876 d, Gl 581 c and HD 40307 b (siehe Tabelle) stark genug sein könnte, um sie zu schmelzen oder doch wenigstens Vulkanismus zu verursachen. Die Supererden könnte man dann laut Brian Jackson eher als Super-Ios bezeichnen. Denn der Jupitermond Io unterliegt starken Gezeitenkräften und besitzt dadurch heftigen Vulkanismus. Dies macht ihn zum geologisch aktivsten Körper im Sonnensystem.

Supererden

ExoplanetJupitermassen     Erdmassen

GJ 876 d 0,018 5,72
Gl 581 c 0,0158 5,02
HD 40307 b      0,0216 6,87



Die Gezeitenreibung wächst mit zunehmender planetarer Masse. Deshalb, so Jackson, werden die Supererden, die sich am leichtesten entdecken lassen, von vulkanischer Aktivität dominiert sein. Und deshalb kann es durchaus sein, dass Exoplaneten, die man in der habitablen Zone antrifft, dennoch nicht bewohnbar sind. Andererseits mag Heizung durch Gezeitenreibung dafür sorgen, dass Planeten unter einer Oberfläche aus Eis einen flüssigen Ozean besitzen, auch wenn sie sich außerhalb der habitablen Zone befinden.

Die Untersuchung von Jackson und seinen Kollegen zeigt weiter, dass die Gezeitenreibung für ausreichend Wärme sorgen kann, um Plattentektonik anzutreiben und über mehrere Milliarden Jahre hinweg aufrechtzuerhalten. Lange genug, so Jackson, um das Auftreten und Erblühen von Leben zu ermöglichen.

Axel M. Quetz

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