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News: Hart im Nehmen

Amerikanische Militärs haben einst die Urversion des Internets geschaffen, um ein System zur Verfügung zu haben, dass bei einem Teilausfall trotzdem weiter arbeitet. Glücklicherweise musste das Netz nie seine Fähigkeiten im Ernstfall unter Beweis stellen, sondern erfreut heute Menschen auf aller Welt mit der neu gewonnen Freiheit zur Kommunikation. Aber wie steht es nun mit der Sicherheit vor einem Ausfall? Wissenschaftler haben sich des Problems mit mathematischen und physikalischen Methoden angenommen. Vielleicht gelingt es dank ihrer Analyse, das Massenmedium noch ein weniger sicherer zu machen.
Millionen von Menschen weltweit nutzen tagtäglich das Internet. Hier und da passiert es schon mal, dass eine E-Mail nicht ankommt oder den falschen Empfänger erreicht. Auch bricht die Übertragungsrate häufig genug auf wundersame Weise just dann ein, wenn sich der Stundenzeiger der Armbanduhr der Zwölf nähert, weil die Mittagspause in so manchem Büro für einen Ausflug ins Netz genutzt wird. Alles in allem ist das Internet aber erstaunlich robust, wie Forscher herausgefunden haben.

Das Internet besteht aus unzähligen kleinen Computernetzwerken – auch local area network (LAN) genannt – verbunden über Geräte, die sich Router oder Hub nennen. Der Einfachheit halber fassen die Wissenschaftler jede Verbindungsstelle zwischen den Netzwerken als einen generischen Knotenpunkt auf. Bisherige Arbeiten haben bereits vorgeschlagen, dass der Anteil der Knoten, die eine Anzahl von k Verbindungen haben, proportional zu k-a ist, mit einer beliebigen, positive Zahl a. Mathematiker sprechen hier von einer skalierungsunabhängigen Wahrscheinlichkeitsdichte mit Potenzgesetz. Sie tritt häufig in natürlichen Systemen auf – etwa in der Frequenz von Erdbeben und der Größenverteilung von Wolken und Bergen.

Anders als bei exponentiellen Verteilungen, fällt diese Wahrscheinlichkeitsdichte mit Potenzgesetz relativ langsam ab. Für das weltweite Netzwerk heißt das: Es sind im Falle des Falles trotz einer hohen Ausfallsquote von Knoten immer noch genügend Verbindungen zwischen den einzelnen Rechnern vorhanden. Neue Simulationen solcher Netzwerke haben gezeigt, dass das Internet aus diesem Grunde sehr flexibel ist (Nature vom 27. Juli 2000, Industrial Physicist vom Dezember 2000).

Die neuesten Arbeiten zweier Gruppen aus Israel und den USA auf diesem Gebiet stellen nun unabhängig voneinander die Schlussfolgerung auf ein sicheres mathematisches Fundament. Sowohl Reuven Cohen und seine Kollegen von der Bar Ilan University und Duncan Callaway und Mitarbeiter von der Cornell University haben die so genannte Perkolationstheorie auf das Problem angewendet (Physical Review Letters vom 20. November 2000 sowie in einer kommenden Ausgabe). Sie beschäftigt sich allgemein mit der Entstehung und Beschreibung komplexer, meist ungeordneter Strukturen, die aus vielen kleinen Bestandteilen zusammengesetzt sind und eigenet sich deshalb auch sehr gut zur Simulation des Internets mit seinem verflochtenen Aufbau. Die Forscher haben untersucht, wie das System auf Herausnahme einzelner Verbindungen reagiert und ab welchem Grenzwert das ganze Netz zusammenbricht.

Das Resultat ist erstaunlich: Die weltweite Verbindung bleibt selbst dann noch bestehen, wenn eine zufällige Auswahl von 99 Prozent der Knotenpunkte zusammenbricht. Allerdings reagiert das Netz äußerst empfindlich darauf, wenn sehr viele wichtige, stark genutzte Verbindungsknoten ausfallen.

Die Erkenntnisse aus der Perkolationstheorie stellen zusammen mit Mitteln der statistischen Physik in Zukunft für die Architekten des Internets ein wirkungsvolles Werkzeug dar – so können Entwickler das Netz noch sicherer vor Ausfällen machen und vor allem effektiv vor gezielten Angriffen schützen.

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