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News: Herdentrieb im Geldgeschäft

Im Aktiengeschäft möchten viele Geld machen, doch dazu muss man die Risiken der Märkte kennen. Eine wichtige Größe ist zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, mit der sich innerhalb eines Jahres der Wert einer Aktie um - beispielsweise - dreißig Prozent ändert. Diese Größe berechneten Physiker mit Hilfe statistischer Methoden. Doch die realen Märkte zeigen eine stärkere Wahrscheinlichkeit solcher großen Sprünge als dies durch die übliche Vorstellung vom 'reinen Zufall' vorauszusehen wäre. Nun haben Wissenschaftler eine neue Erklärung gefunden: Sie machen den 'Herdentrieb' verantwortlich, dem auch die Broker unterliegen. In einem einfachen Computermodell zeigen die Forscher, wie Informationsnetzwerke zufallsgesteuert wachsen, bis ganze Gruppen von Börsenhändlern identische Entscheidungen treffen. Zumindest bis der nächste Topf in der Gerüchteküche brodelt.
Nach Meinung von H. Eugene Stanley gibt es einen enormen Vorteil für Studien, die sich mit den Geldmärkten befassen: Im Gegensatz zu den meisten anderen komplexen Systemen existiert eine riesige Menge von computergespeicherten Daten über Transaktionen weltweit. Diese nutzten er und seine Kollegen von der Boston University 1999 in einer großen Studie, in welcher sie zeigten, dass große Börsenkräche keine einzelnen Ausnahmeereignisse sind, welche ganz anderen Gesetzmäßigkeiten folgen als die kleinen Marktbewegungen. Stattdessen gibt es ein allgemeines Gesetz für kleine wie große Schwankungen: Die Häufigkeit einer Preisschwankung ist umgekehrt proportional zur vierten Potenz ihrer Größe. Mit zunehmender Größe nimmt die Häufigkeit von Schwankungen zwar ab, aber viel langsamer, als die üblichen Modelle vorhersagen. Die Kurve der Wahrscheinlichkeitsdichten hat "breite Schwänze" (fat tails).

Es existieren einige sehr komplizierte Marktmodelle, die zu einem fat tail-Verhalten führen. Doch Victor Eguíluz vom Niels Bohr Institute in Kopenhagen und Martin Zimmermann von der Universidad de Buenos Aires suchten sich eine einfachere Methode. Sie beruht auf einer Erweiterung eines früheren Modells, in dem Broker ("Agenten") durch Punkte in einem Netz zufälliger Verbindungen dargestellt werden. Agenten, die miteinander verbunden sind, repräsentieren eine Gruppe von Investoren, die Informationen oder ähnliches teilen und aus diesem Grunde gleiche Kauf- und Verkaufsentscheidungen treffen. Dieses Modell führte zu einem Potenzgesetz der beschriebenen Art; aber nur dann, wenn sich die Dichte der Verbindungen in einem engen Rahmen bewegte. Außerdem handelte es sich um ein statisches Modell, da die Anzahl der Verbindungen festgelegt war.

Im neuen Modell von Eguíluz und Zimmermann wechseln die Verbindungen über die Zeit (Pysical Review Letters vom 25. Dezember 2000). Am Anfang jedes Schrittes wird ein Agent zufällig gewählt, der dann mehrere Alternativen hat. Er kann entweder eine Aktion veranlassen – Kaufen oder Verkaufen –, oder er kann Informationen weitergeben, indem er eine Verbindung zu einem anderen Agenten aufbaut. Einer Aktion eines Agenten schließt sich die gesamte mit ihm verbundene Gruppe an. Nach einem Kauf- oder Verkaufsvorgang werden sämtliche Verbindungen innerhalb der Gruppe wieder gelöst: Die Information ist "überholt".

Wenn die Wahrscheinlichkeit eines Agenten sich aktiv zu verhalten sehr gering gesetzt wurde, dann verbreiteten sich Informationen sehr schnell und es entstanden große Gruppen. Die Verteilungen der Preisbewegungen entsprachen größtenteils Potenzgesetzen mit nur kleinen exponentiellen Schwänzen. Bei einem langsameren Informationsfluss zeigte sich das Potenzgesetz in einem schmaleren Bereich. Nach Meinung der Wissenschaftler ist dieses Ergebniss ein weiterer Hinweis darauf, dass der so genannte "Herdentrieb" für fat tail-Verteilungen bei Marktbewegungen verantwortlich sein könnte.

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