News: Hitzeschocks auf der Sonne
Gerade eben 6000 Grad Celsius ist es auf der Sonnenoberfläche heiß - so gut wie nichts im Vergleich zur umgebenden Korona, die es auf über eine Million Grad bringt. Zwei Astrophysiker glauben nun, erklären zu können, wie der "kalte" Sonnenofen seine Energie nach außen transportiert: mit kollidierenden Schockwellen.
Jedes Kind weiß: Je dichter man an eine Heizung kommt, umso wärmer wird es, und am Heizkörper selbst kann man sich eventuell sogar die Finger verbrennen. So nützlich und zutreffend diese Regel für die Kindererziehung und im Alltag auch sein mag – ausgerechnet bei unserer Sonne gilt sie nicht. Die Temperatur auf deren sichtbarer Oberfläche, der Photosphäre, liegt bei ungefähr 5800 Kelvin. In der daran anschließenden Chromosphäre steigt sie innerhalb von weniger als 10 000 Kilometern um das Hundertfache an und erreicht in der Korona, der äußeren Atmosphäre der Sonne, schließlich mehr als eine Million Kelvin. Lange Zeit schon rätseln Wissenschaftler, wie diese verkehrte Temperaturverteilung möglich ist, denn irgendwie muss schließlich auch bei der Sonne die Energie von der Oberfläche in die Korona gelangen.
Einen wichtigen Bestandteil des zugrunde liegenden Mechanismus vermuten viele Forscher in den dynamischen Magnetfeldern der Sonne. In Arealen von vierzig bis über 100 Kilometern Durchmesser treten sie aus der Photosphäre aus, bilden einen Bogen und verschwinden an anderer Stelle wieder an der Oberfläche. Wie ein dichter Pelz besetzen derartige Magnetschleifen neun Zehntel der Sonne. Und ständig entstehen neue, die sich miteinander vereinigen und wieder auflösen können. Sie wären das geeignete Transportmittel, um Materie und Energie in die Korona zu befördern. So weit die Theorie. Was bislang fehlte, war ein empirischer Nachweis, dass tatsächlich ein Zusammenhang zwischen dem magnetischen Fluss in der Photosphäre und der Temperaturzunahme in der Chromosphäre besteht.
Margarita Ryutova und Theodore Tarbell von den Lockheed Martin Solar and Astrophysics Laboratories in Palo Alto gingen das Problem mit Hilfe zweier Satelliten an. Sie kombinierten Daten des Solar and Heliospheric Observatory (SOHO) mit denen des Transition Region and Coronal Explorer (TRACE), die beide über zwei Stunden die gleiche Stelle auf der Sonne beobachteten. Dabei registrierten sie mehr als 200 einzelne Ereignisse im photosphärischen Magnetfeld, auf die deutliche Temperatursprünge in den entsprechenden Regionen der höheren Schichten folgten.
Die nähere Auswertung lieferte ein Modell, nach dem die scheinbaren Enden der Magnetschleifen in der Photosphäre sich miteinander verbinden, wenn sie sich auf ihren Wanderungen nahe genug kommen. Es entsteht eine Art geschwungenes W – eine energetisch sehr ungünstige und somit instabile Verlaufsform für die Feldlinien. Daher entspannt sich das Gebilde bald, indem es in einen energetisch günstigeren Zustand mit geraderen Feldlinien übergeht. Ähnlich wie das Gummiband einer Zwille schnellt dabei die Mitte der Magnetschleife nach oben. Da die Teilchendichte in Oberflächennähe aber viel größer ist als in den höheren Schichten der Chromosphäre, entsteht eine Schockwelle, die sich mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit fortpflanzt. Die bei der Entspannung des Magnetfeldes freigesetzte Energie heizt hinter der Wellenfront die Umgebung auf. Als Nachweis dafür dienten den Wissenschaftlern aufleuchtende Kohlenstoff- und Sauerstoffionen, deren Linien nur dort auftreten, wo eine bestimmte Temperatur überschritten wird.
Einen noch heftigeren Temperaturanstieg gibt es, wenn mehrere benachbarte Magnetschleifen sich kurz nacheinander paarweise zusammenfinden. Die davon ausgelösten Schockwellen kollidieren in der oberen Sonnenatmosphäre miteinander und konzentrieren ihre Energie auf ein sehr kleines Volumen. Es ist wie "eine Lawine von Schockwellen", sagt Ryutova. Je nachdem, unter welchem Winkel die Wellen aufeinander stoßen, kann ein Teil der Energie mit einem Plasmastrahl entweichen, oder es wird alles in Hitze umgewandelt, die das Plasma zwischen den Fronten hell aufleuchten lässt.
Da das gewaltige magnetische Netz der Sonne sich ständig regeneriert und verändert, so schließen Ryutova und Tarbell, liefert der beobachtete Prozess auf lange Sicht ausreichend Energie, um den Temperatursprung zwischen Photosphäre und Korona zu erklären. Auch der Solarphysiker Barry LaBonte von der Johns Hopkins University in Laurel, Maryland, hält diese Erklärung für plausibel. "Es ist ein interessanter Blickwinkel", sagt er. "Und er liefert ein vollständigeres und quantitativeres Bild, als wir es bislang hatten." Bevor das Modell allgemein akzeptiert wird, fügt er an, muss es jedoch noch durch weitere Messungen bei unterschiedlichen Wellenlängen überprüft werden.
Einen wichtigen Bestandteil des zugrunde liegenden Mechanismus vermuten viele Forscher in den dynamischen Magnetfeldern der Sonne. In Arealen von vierzig bis über 100 Kilometern Durchmesser treten sie aus der Photosphäre aus, bilden einen Bogen und verschwinden an anderer Stelle wieder an der Oberfläche. Wie ein dichter Pelz besetzen derartige Magnetschleifen neun Zehntel der Sonne. Und ständig entstehen neue, die sich miteinander vereinigen und wieder auflösen können. Sie wären das geeignete Transportmittel, um Materie und Energie in die Korona zu befördern. So weit die Theorie. Was bislang fehlte, war ein empirischer Nachweis, dass tatsächlich ein Zusammenhang zwischen dem magnetischen Fluss in der Photosphäre und der Temperaturzunahme in der Chromosphäre besteht.
Margarita Ryutova und Theodore Tarbell von den Lockheed Martin Solar and Astrophysics Laboratories in Palo Alto gingen das Problem mit Hilfe zweier Satelliten an. Sie kombinierten Daten des Solar and Heliospheric Observatory (SOHO) mit denen des Transition Region and Coronal Explorer (TRACE), die beide über zwei Stunden die gleiche Stelle auf der Sonne beobachteten. Dabei registrierten sie mehr als 200 einzelne Ereignisse im photosphärischen Magnetfeld, auf die deutliche Temperatursprünge in den entsprechenden Regionen der höheren Schichten folgten.
Die nähere Auswertung lieferte ein Modell, nach dem die scheinbaren Enden der Magnetschleifen in der Photosphäre sich miteinander verbinden, wenn sie sich auf ihren Wanderungen nahe genug kommen. Es entsteht eine Art geschwungenes W – eine energetisch sehr ungünstige und somit instabile Verlaufsform für die Feldlinien. Daher entspannt sich das Gebilde bald, indem es in einen energetisch günstigeren Zustand mit geraderen Feldlinien übergeht. Ähnlich wie das Gummiband einer Zwille schnellt dabei die Mitte der Magnetschleife nach oben. Da die Teilchendichte in Oberflächennähe aber viel größer ist als in den höheren Schichten der Chromosphäre, entsteht eine Schockwelle, die sich mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit fortpflanzt. Die bei der Entspannung des Magnetfeldes freigesetzte Energie heizt hinter der Wellenfront die Umgebung auf. Als Nachweis dafür dienten den Wissenschaftlern aufleuchtende Kohlenstoff- und Sauerstoffionen, deren Linien nur dort auftreten, wo eine bestimmte Temperatur überschritten wird.
Einen noch heftigeren Temperaturanstieg gibt es, wenn mehrere benachbarte Magnetschleifen sich kurz nacheinander paarweise zusammenfinden. Die davon ausgelösten Schockwellen kollidieren in der oberen Sonnenatmosphäre miteinander und konzentrieren ihre Energie auf ein sehr kleines Volumen. Es ist wie "eine Lawine von Schockwellen", sagt Ryutova. Je nachdem, unter welchem Winkel die Wellen aufeinander stoßen, kann ein Teil der Energie mit einem Plasmastrahl entweichen, oder es wird alles in Hitze umgewandelt, die das Plasma zwischen den Fronten hell aufleuchten lässt.
Da das gewaltige magnetische Netz der Sonne sich ständig regeneriert und verändert, so schließen Ryutova und Tarbell, liefert der beobachtete Prozess auf lange Sicht ausreichend Energie, um den Temperatursprung zwischen Photosphäre und Korona zu erklären. Auch der Solarphysiker Barry LaBonte von der Johns Hopkins University in Laurel, Maryland, hält diese Erklärung für plausibel. "Es ist ein interessanter Blickwinkel", sagt er. "Und er liefert ein vollständigeres und quantitativeres Bild, als wir es bislang hatten." Bevor das Modell allgemein akzeptiert wird, fügt er an, muss es jedoch noch durch weitere Messungen bei unterschiedlichen Wellenlängen überprüft werden.
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