News: Hügelchen im Nanoland
Nun haben Stephen Sass vom Department of Material Science and Engineering an der Cornell University und Melissa Hines vom Department of Chemistry ebenfalls von Cornell eine ganz andere Methode entwickelt, mit der viel kleinere Strukturen herstellbar sind. Ihre Technik nennen die Forscher "Kontrolliertes Ätzen von Versetzungen" (CED). Der Prozess beginnt damit, dass ein dünner Siliziumkristall leicht verdreht auf einen anderen gesetzt wird und so einen Bikristall bildet. Aufgrund der leichten Drehung haben nicht alle Siliziumatome der unteren Schicht einen direkten Nachbarn in der oberen Schicht. Könnte man durch den Kristall hindurchschauen, so würde sich im atomaren Maßstab ein so genanntes Moiré-Muster zeigen, das immer dann entsteht, wenn sich zwei ähnliche, periodische Strukturen überlappen.
Im Fall der beiden Silizium-Kristalle sieht es einem Schachbrett ähnlich. An den Stellen, wo Atome des unteren und oberen Kristallgitters übereinanderliegen, kann sich eine starke Bindung ausbilden. An anderen Stellen ist die Bindung hingegen recht schwach; sie heißen in der Kristallographie auch Versetzungen. Sie lassen sich mit einer Lösung aus Chromtrioxid und Flusssäure leicht entfernen. Auf diese Weise entsteht eine wellenartige Struktur, die an einen Eierkarton erinnert. Die Forscher nennen ihre kleinen Hügelchen nanobumps (Nanohubbel).
Sass und Hines gelang es so, Hügelchen herzustellen, die einen Durchmesser von etwa 25 Nanometern besaßen und deren Abstand zueinander 38 Nanometer betrug. Die Größe und der Abstand der Nanohubbel lässt sich jedoch auch leicht variieren. Dazu muss nur der Winkel zwischen den beiden Kristallen entsprechend geändert werden. Bei einem Winkelversatz von vier Grad können so Hubbel mit einem Durchmesser von 5,5 Nanometer entstehen. Viel wichtiger als die Größe der Hügelchen ist aber die Lücke zwischen ihnen. Und hier gilt: Je größer der Winkel, desto kleiner der Abstand. So würde ein Winkel von zehn Grad den Zwischenraum auf nur zwei Nanometer schrumpfen lassen. Allerdings gesteht Hines: "Wir wissen noch nicht, wo die Grenzen dieser Technik liegen."
Jedenfalls ist es mit CED möglich, sehr kleine periodische Strukturen herzustellen, die für biologische und technische Anwendungen interessant sind. So ist Silizium normalerweise keine gute Lichtquelle; in kleine Fragmente aufgeteilt, kann es aber durchaus Licht abstrahlen. "Das könnte bedeuten, dass es irgendwann Flachbildschirme geben wird, die aus dem gleichen Material bestehen, wie der Computer selbst", meint Hines. Schließlich wäre es auch denkbar, die Hügellandschaft mit einer magnetischen Schicht abzudecken und so ein Speichermedium sehr hoher Dichte herzustellen. Da sich der gesamte Herstellungsprozess leicht auf übliche Sechs-Zoll-Wafer übertragen lässt, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Industrie das neue Verfahren für sich entdeckt.
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