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Raumfahrt: ILA-2010 eröffnet

ILA 2010
Die größte Luft und Raumfahrtausstellung dieses Jahres öffnete am 8. Juni ihre Pforten zunächst nur für die Fachbesucher. Gerade für den Raumfahrtbegeisterten bietet die ILA viel, insbesondere die Raumfahrthalle dürfte von besonderem Interesse sein. In einer Gemeinschaftsausstellung, die von der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR und der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie organisiert wurde, gibt es viel zu entdecken.

Den Hauptteil der Ausstellung nimmt eine interaktives Display zum Thema "Fernerkundung der Erde" ein, bei dem der Besucher per Knopfdruck Messdaten der verschiedenen Erderkundungssatelliten der ESA auf ein dreidimensionales Bodenmodell projizieren kann. Um das Display herum haben die Messebauer der ESA einen Kunstrasen drapiert und spielen Vogelgezwitscher ein, damit sich der Besucher heimisch fühlen kann. Unter anderem lassen sich Radarbilder, Infrarotaufnahmen und optische Bilder projizieren, und auch ein Ausblick auf die erwarteten Messdaten künftiger Erderkundungssatelliten ist möglich.

Raumfahrt auf der ILA 2010 | Bemannte Raumfahrt spielt in diesem Jahr auf der ILA eine untergeordnete Rolle.
Im Eingangsbereich der Raumfahrthalle fällt der Blick des Besuchers zunächst auf die mächtige Oberstufe einer Ariane-5. So erhält man einen direkten Eindruck von den Dimensionen der größten europäischen Trägerrakete. Ein weiterer Blickfang ist der Weltraumroboter Justin, der vom DLR entwickelt wurde. Er besitzt zwei Arme mit sehr menschlich wirkenden fünffingrigen Händen und ähnelt einem menschlichen Körper bis hinunter zur Taille. Auf dem Rumpf von Justin sitzt ein Kopf mit zwei Kameras, der an einen Motorradhelm erinnert.

Die beiden Kameras ermöglichem dem Betreiber einen räumlichen Blick auf die Hände des Roboters. Durch eine "Mastereinheit", die wiederum mit zwei Armen ausgestattet ist, lässt sich Justin sehr intuitiv steuern, der Roboter folgt brav jeder Bewegung des Betreibers. Gerät dieser bei seinen Bewegungen an ein vorgegebenes mechanisches Limit, so verspürt der Operator einen sanften, aber beharrlichen Widerstand und weiß so, dass er sich in die Gegenrichtung bewegen muss. Voll ausgebreitet erstrecken sich die beiden Arme von Hand zu Hand annähernd über drei Meter, ein ungewöhnlicher Anblick und auch ein ulkiges Gefühl, wie mir einer der Operatoren im Gespräch mitteilte.

Ein weiteres Highlight der Raumfahrthalle ist ein großer "Sandkasten", in dem ein Prototyp eines Marsrovers herumfährt. Er dient als Entwicklungsmodell für die Mission Exomars der ESA und NASA und beherzigt auch die Lehren aus den Fahrten der beiden Marsrover "Spirit" und "Opportunity" der NASA. Noch ist aber ungewiss, wann ein ESA-Marsrover wirklich auf dem Roten Planeten landet.

Im Gegensatz zur ILA 2008 spielt die bemannte Raumfahrt in der Ausstellung nur eine kleine Rolle und wird nur am Rande angesprochen. War vor zwei Jahren hier eine Aufbruchstimmung zu bemerken, haben sich durch die Weltwirtschaftskrise und die Entscheidungen des US-Präsidenten Barack Obama, das bemannte US-Raumfahrtprogramm drastisch zu strecken, die Maßstäbe deutlich verschoben. Der eigene bemannte Raumflug der Europäer scheint auf unbekannte Zeit verschoben zu sein, obwohl die Hoffnung darauf im direkten Gespräch mit Mitarbeitern des DLR und der Raumfahrtindustrie nicht erloschen ist.

Im Allgemeinen fällt auf, dass die ILA 2010 im Vergleich zu den Veranstaltungen in den zurückliegenden Jahren bescheidener auftritt. Es sind weniger Flugzeuge ausgestellt, und auch die Industrie zeigt weniger Präsenz. Besonders auffällig ist das fast vollständige Fehlen der russischen Luft- und Raumfahrtindustrie. Anders als in den Vorjahren wurde diesmal von deutscher Seite keine finanzielle Unterstützung gewährt, so dass diese Unternehmen der ILA fernblieben. Früher boten die Ausstellungen der russischen Industrie wilkommene Gelegenheiten, Einblicke in neue russische Raumfahrtprojekte zu erhalten und Details aus der russischen Raumfahrtgeschichte zu erfahren, die jahrzehntelang unter dem Schleier der Geheimhaltung verschwanden. Auch war häufig echte Raumfahrthardware zu sehen.

Wer sich neben der Raumfahrt auch für Flugzeuge interessiert, dem bietet die ILA auch in diesem Jahr einen reich gedeckten Tisch. Aus dem diesjährigen ILA-Partnerland, der Schweiz, ist die "Patrouille Suisse" angereist, eine Elite-Staffel der Schweizer Luftwaffe, die am Himmel eindrucksvolle "Aerobatik" vorführt, bei dem viele Besucher nur noch mit dem offenen Mund staunen. Auch Verkehrsflugzeuge wie der Airbus A380 ziehen viele Blicke auf sich. Bis zum Donnerstag, den 10. Mai, ist die ILA den Fachbesuchern und der Presse vorbehalten, ab Freitag, dem 11. Mai öffnet die ILA ihre Tore jedem Interessierten. Wer sich für Raumfahrt interessiert, sollte sich überlegen, ob er einen spontanen Besuch in Berlin einplant.

Tilmann Althaus

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