Interstellares Gas: Im All wird es immer heißer
Welche Temperatur im All herrscht, lässt sich mit unserer irdischen Alltagsvorstellung von heiß und kalt nur schwer erfassen. Weil die Materiedichte im Weltraum meist extrem gering ist, gibt es nichts, was den Körper eines Astronauten aufheizen würde – folglich ist es fast überall kalt. Allerdings ist das All, insbesondere der Raum im Umfeld einer Galaxie, nicht komplett leer: Es ist angefüllt mit dem interstellaren Medium, das unter anderem aus Wasserstoff und Staub besteht. Aus der Bewegungsenergie der wenigen Teilchen darin lässt sich eine Durchschnittstemperatur ableiten – und die wiederum ist nach irdischen Maßstäben extrem hoch. Sie beträgt rund zwei Millionen Grad Celsius.
Wie ein Team von Astronomen um Yi-Kuan Chiang von der Ohio State University in Columbus nun berichtet, war das nicht immer so. In der Frühzeit des Universums vor elf Milliarden Jahren lag die so gemessene Durchschnittstemperatur noch bei rund 200 000 Grad Celsius. In ihrem Beitrag für die Fachzeitschrift »The Astrophysical Journey« liefern die Wissenschaftler auch eine Erklärung für das Phänomen. Demnach heizt sich die fein verteilte Materie auf, weil das Gas von der Schwerkraft der Galaxien angezogen und dabei verdichtet wird.
»Diese Anziehung ist sehr heftig«, sagt Chiang in einer Pressemitteilung zur Studie, »so heftig, dass immer mehr Gas durch Stoßwellen verdichtet und aufgeheizt wird.« Bemerkbar mache sich vor allem die Anziehungskraft der so genannten Dunkle-Materie-Halos, großer, kugelförmiger Ansammlungen der nicht sichtbaren Dunklen Materie, die praktisch alle Galaxien umgibt. Sie ist auch dafür verantwortlich, dass sich im Verlauf der Jahrmilliarden die Galaxien zu großräumigen Strukturen zusammenfinden, wie etwa Galaxienhaufen. Diese gigantischen Strukturen treiben dann die Aufheizung voran, fanden die Forscher heraus.
Wie »heiß« das interstellare Gas ist, verrät sich durch eine subtile lokale Veränderung im kosmischen Mikrowellenhintergrund. Chiang und Team werteten dazu Daten des Weltraumteleskops Planck aus und stellten die an spezifischen Orten gemessene mittlere Temperatur in Beziehung zur Entfernung des Objekts. Diese lässt sich durch seine Rotverschiebung in Erfahrung bringen. Je mehr das Licht eines Objekts zu roten Wellenlängen verschoben ist, desto weiter ist es entfernt. Je weiter es entfernt ist, desto älter ist es. Und wie die aktuellen Messungen zeigen: Je älter es ist, desto kühler ist es auch.
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