Kernfusion: Ist in der Fusionsforschung ein Durchbruch gelungen?
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den USA haben laut Medienberichten einen historischen Durchbruch auf dem Feld der Kernfusion erzielt. Wie die Zeitungen »Financial Times« und »Washington Post« berichten, ist Fachleuten am staatlichen Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien erstmals eine Kernfusion gelungen, bei der mehr Energie gewonnen als aufgewendet wurde.
Dieses auf vorläufigen Daten beruhende Resultat wäre ein Meilenstein auf dem Weg zur Erschließung einer neuen Energiequelle, die eines Tages klimaneutral und sicher Strom in riesigen Mengen erzeugen könnte. Sollten die Berichte korrekt sein, sei es ein wahrer Durchbruch, sagt der Plasmaphysiker Jeremy Chittenden vom Imperial College London gemäß dem britischen Science Media Centre. »Es beweist, dass das lang ersehnte Ziel, der ›Heilige Gral‹ der Fusion, tatsächlich erreicht werden kann.« Die in der National Ignition Facility (NIF) erzielten Ergebnisse sollen den Medienberichten zufolge am Dienstag offiziell auf einer Pressekonferenz vorgestellt werden.
Die Laserfusion ist ein extrem schwieriges Unterfangen
Bei dem Experiment handelte es sich um eine so genannte Laserfusion. Die Forschenden in Kalifornien nutzen die weltstärkste Laseranlage, um winzige Mengen von schwerem und überschwerem Wasserstoff (Deuterium und Tritium) in eine Million Grad heißes Plasma zu wandeln. Dabei erhitzen viele Laserstrahlen das Innere eines wenige Millimeter großen Behälters. Das sei jedoch schwierig, »weil die Situation, dass Laser auf eine schwere Schale schießen, in der sich leichterer Wasserstoff befindet, instabil ist«, erklärt Sybille Günter vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching laut dem deutschen Science Media Center. »Daher muss man das Pellet möglichst homogen bestrahlen, was bei direkter Bestrahlung mit Lasern schwierig ist. Deshalb verwendet man bei NIF einen so genannten Hohlraum, in dem die Laser erst auf eine Wand schießen und dort Röntgenstrahlung erzeugen, die sehr homogen ist.« Für ein Kraftwerk sei diese Vorgehensweise jedoch nicht brauchbar, so Günter. Daher müssen noch zahlreiche technologische Probleme behoben werden, bis eines Tages Fusionskraftwerke gebaut werden könnten.
Wie viel Energie tatsächlich in das Experiment geflossen ist und wie viel freigesetzt wurde, sei zudem eine Frage der Perspektive. Die Forscherinnen und Forscher am NIF »mussten 500 Megajoule Energie in die Laser stecken, um dann 1,8 Megajoule ans Ziel zu schicken – das heißt, obwohl sie 2,5 Megajoule herausgeholt haben, ist das immer noch weit weniger als die Energie, die sie ursprünglich für die Laser benötigten«, sagt Tony Roulstone von der University of Cambridge. Damit sich mit Hilfe einer Kernfusion irgendwann einmal Elektrizität produzieren ließe, müsste aber die doppelte Menge an Energie wieder herauskommen. »Es muss doppelt so viel sein, weil die Wärme noch in Strom umgewandelt werden muss und so wieder Energie verloren geht«, sagt der Nuklearforscher. Die Nachrichten aus dem NIF seien ein Forschungserfolg, aber der Weg zu einer sauberen Energiequelle sei noch weit.
Energiegewinnung wie in einem Stern
Schon zuvor verkündete das NIF Fortschritte bei der Kernfusion. Dabei sei die Zündung des Plasmas erreicht worden, berichtete ein Forschungsteam Anfang 2022 in der Fachzeitschrift »Nature«. Dies führte letztlich dazu, dass die Fusionsreaktion sich selbst erhält. Im Kernfusionsreaktor liegt der Brennstoff in Form von Plasma vor – dieser Aggregatzustand entsteht, wenn man ein Gas extrem erhitzt.
Sowohl Kernkraft als auch Kernfusion gewinnen Energie aus den Bindungskräften von Atomkernen. Bei der Kernkraft werden jedoch große Atome gespalten, es entsteht unter anderem radioaktiver Abfall und es drohen schwere Unfälle. Bei der Kernfusion hingegen werden kleine Atomkerne zu größeren verschmolzen – fusioniert ; die Technologie gilt als sauber und sicher. Diese Energiegewinnung ähnelt den Vorgängen in Sternen wie der Sonne.
Allerdings müssen bei der Kernfusion Temperaturen von etlichen Millionen Grad erreicht werden. Das macht die technische Nutzung der Kernfusion sehr schwierig. Deshalb gab es bislang keinen Reaktor, mit dem mehr Energie gewonnen wurde, als zur Aufheizung des Plasmas hineinfloss. (dpa/kas)
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