News: Je langsamer, desto geladener
Diese harmlos klingende Aussage hätte aber weitreichende Folgen. Hector Vucetich, Susanna Landau und Pablo Sisterna des Physics Department of La Plata University in Argentinien haben eine neue Konsequenz entdeckt: Ist die Lichtgeschwindigkeit nicht konstant, entstehen zusätzliche elektrische Ladungen im Weltall (Astrophysics e-print 0007108). Das widerspricht dem grundlegenden Gesetz der Physik von der Ladungserhaltung. Wie es zu diesem Widerspruch kommt, lässt sich am besten anhand einer Lichtwelle veranschaulichen. Darin oszillieren elektromagnetische Felder, wobei sie Ladungen hin und her bewegen. Sinkt die Lichtgeschwindigkeit, wird der zur Welle gehörende Strom schneller Ladungen abgeben als wieder neue aufnehmen, wodurch eine positive Netto-Ladung entsteht. "Dadurch ergeben sich strenge Grenzen für Theorien, die auf sich verändernder Lichtgeschwindigkeit basieren", erklärt Vucetich.
Im vergangenen Jahr hatte John Barrow der University of Cambridge ein Modell entwickelt, in dem er vorschlägt, dass die Lichtgeschwindigkeit kontinuierlich sinkt – auch heute noch. Nach den Ergebnissen von Vucetich und seiner Gruppe müssten Elektronen dann plötzlich verschwinden oder ihre Ladung ändern, oder Neutronen müssten sich in Protonen verwandeln. Kein Wissenschaftler hat aber jemals einen dieser Effekte beobachtet, obwohl es viele entsprechende Experimente gibt.
Schließt die Arbeit der argentinischen Physiker also aus, dass die Lichtgeschwindigkeit sich geändert hat? Es gibt noch eine zweite Möglichkeit: Sie könnte sich plötzlich geändert haben und danach konstant geblieben sein. João Magueijo vom Imperial College in London und Andreas Albrecht von der University of California in Davis haben im vergangenen Jahr eine solche Theorie vorgestellt, in der die Lichtgeschwindigkeit unmittelbar nach dem Urknall größer gewesen sein soll als heute. Danach soll sie innerhalb eines Sekundenbruchteils auf ihren heutigen Wert gefallen sein, wodurch nach den Berechnungen der argentinischen Physiker plötzlich ein Überschuss an Ladung entstanden wäre.
"Das hat auch etwas Gutes", schätzt Magueijo ein. Denn möglicherweise gibt es dann eine Parallele zu einem anderen Rätsel der Physik: Im Weltall existiert mehr Materie als Antimaterie. Während der Frühphase des Universums soll sie sich in der so genannten Baryogenese gebildet haben, so dass die Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie gebrochen wurde. Magueijo hält es für möglich, dass die überschüssige Ladung auf analoge Art entstanden ist.
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