Welt-Aids-Konferenz: Kampf gegen HIV und Aids verläuft schleppend
Die Weltgemeinschaft hat ihre selbst gesetzten Ziele im Kampf gegen HIV und Aids verfehlt. Im Jahr 2019 haben sich nach Schätzungen 1,7 Millionen Menschen weltweit mit dem Virus angesteckt, wie das Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids (UNAIDS) am Montag zum Auftakt der virtuellen Welt-Aids-Konferenz berichtete. Eigentlich sollten es durch neue Programme, Initiativen und Investitionen nur noch 500 000 Menschen im Jahr sein. Bis 2030 sollte die Krankheit mehr oder weniger von der Bildfläche verschwunden sein.
»Die Coronavirus-Pandemie droht uns noch weiter vom Kurs abzubringen«, sagte UNAIDS-Exekutivdirektorin Winnie Byanyima in Genf. Wachsende Armut durch den Stillstand der Wirtschaft führe zu zunehmender häuslicher Gewalt und gefährde vor allem Mädchen und junge Frauen. Sie treibe Menschen in prekäre Situationen, in denen das Risiko einer HIV-Infektion steige.
Infizierte könnten zudem nicht immer zu Ärzten gehen, heißt es in dem Bericht. Auch sei die Kondom- und Arzneiproduktion eingeschränkt. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) laufen 73 Länder bereits Gefahr, dass ihnen die Vorräte an HIV-Medikamenten ausgehen. 24 Länder hätten jetzt schon große Nachschubprobleme oder fast leere Lager gemeldet. In diesen 24 Ländern lebe ein Drittel der Menschen, die die wichtige antiretrovirale Therapie erhalten. Wenn die Behandlung mit einer antiretroviralen Therapie nur für 20 Prozent der HIV-Infizierten für sechs Monate unterbrochen werde, führe das zu 110 000 zusätzlichen Todesfällen, so UNAIDS.
Die Epidemie bis 2030 beenden: Grundsätzlich möglich
Es gebe zwar Fortschritte, aber sie seien ungleich verteilt, sagte Byanyima. In Osteuropa, Zentralasien und Lateinamerika sowie im Nahen Osten und Nordafrika sei die Entwicklung nicht gut. Dennoch glaubt sie, dass das Ziel, die Epidemie bis 2030 zu beenden, mit neuen Anstrengungen noch erreicht werden kann. Ein gutes Beispiel dafür sei das kleine Königreich Eswatini im südlichen Afrika. Das Land mit rund einer Million Einwohner reduzierte die Zahl der Neuinfektionen von 13 000 im Jahr 2010 auf 6500 im Jahr 2019, wie Ministerpräsident Ambrose Dlamini sagte.
Zudem wurden 2019 dreimal so viele Menschen wie 2010 mit einer antiretroviralen Therapie behandelt, heißt es in dem Bericht. Ende des Jahres waren das 25,4 Millionen der weltweit schätzungsweise 38 Millionen HIV-Infizierten. 690 000 Menschen starben 2019 an den Folgen ihrer Infektion, 39 Prozent weniger als 2010 – aber deutlich mehr als für 2020 angepeilt: In diesem Jahr sollen maximal 500 000 Infizierte sterben. Die Zahl der Neuinfektionen, 1,7 Millionen, war 2019 so niedrig wie seit 1989 nicht mehr.
Dennoch reiche das nicht. »Die Welt hat zu wenig investiert, zu wenig Menschen Zugang zu Behandlungen verschafft und dabei versagt, die Kurven mit neuen HIV-Infektionen und Todesfällen im Zusammenhang mit Aids bedeutend abzuflachen«, heißt es in dem Bericht. 2019 hätten nur gut zwei Drittel der finanziellen Mittel für Aufklärung und Behandlung zur Verfügung gestanden. »Dieses kollektive Versagen (…) hat einen hohen Preis: Zwischen 2015 und 2020 hat es 3,5 Millionen mehr Infektionen und 820 000 mehr Todesfälle mit Bezug zu Aids gegeben, als es der Fall wäre, wenn die Welt im Plan gewesen wäre, um die Ziele für 2020 einzuhalten.«
Das Humane Immunschwächevirus HIV schwächt die Abwehrkräfte des Körpers, indem es sich in den Zellen des Immunsystems einnistet, diese für die Virusproduktion kapert und über kurz oder lang zerstört. Am häufigsten wird das Virus durch ungeschützten Sex oder beim Drogenkonsum übertragen. Wer sich angesteckt hat, verspürt meist zunächst leichte Grippesymptome. Anschließend verläuft die Infektion in aller Regel lange symptomlos, bis das geschwächte Immunsystem irgendwann den Weg für andere, ernsthafte Erkrankungen bereitet. Dieses erworbene Abwehrschwäche-Syndrom wird dann abgekürzt als Aids bezeichnet. Bislang ist eine Infektion mit dem HI-Virus nicht heilbar. Mit antiretroviralen Medikamenten können die Betroffenen das Virus aber in den Griff bekommen und den Ausbruch von Aids verhindern. (dpa/dam)
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