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News: Kartierung im Gehirn

Das Hirn von Menschen, die vom Hals abwärts gelähmtsind, steuert im Prinzip immer noch die Bewegung ihrer Arme und Beine. Das geschädigte Rückgrat ist aber nicht fähig, die Botschaft zu den Muskeln weiterzuleiten. Einblicke in die Mechanismen zur Steuerung der Gliedmaßen durch das Gehirn können den Forschern helfen, eine Methode zu entwickeln, um die jeweiligen Befehle praktisch umzusetzen. Sie versuchen herauszufinden, welche Region für welche Reaktion zuständig ist. Damit bauen sie sozusagen eine Karte des Gehirns auf - wenn auch zunächst des Affenhirns.
Der neuronale Schaltkreis, der uns befähigt, nach einer Süßigkeit zu greifen oder Fußball zu spielen, befindet sich in einer Region des Hirns, die als posteriorer Parietalcortex (PPC) bezeichnet wird. Dieses Gebiet – es ist so groß wie eine offene Hand – macht aus den vorhandenen visuellen Einflüssen ein sinnvolles Bild und erteilt "auf höchster" Ebene Direktiven, die letztendlich unseren Armen und Beinen sagen, wie sie sich bewegen sollen. Der Neurowissenschaftler Richard Andersen vom California Institute of Technology in Pasadena und seine Arbeitsgruppe hatten bereits früher gezeigt, daß die Stimulation der Hirnzellen in einem erbsengroßen Bereich innerhalb des PPC, der von ihnen als reach-Region bezeichnet wird, dafür verantwortlich ist, wenn Affen ihre Arme in bestimmte Richtungen auszustrecken. Daraufhin begannen die Forscher, in akribischer Detailarbeit die winzigen Zellgebiete, die diese Bewegungen delegieren, kartographisch zu erfassen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie auf dem jährlichen Treffen der Society for Neuroscience vom 7. bis 12. November 1998 in Los Angeles.

Um die "Landkarte" der reach-Region zu komplettieren, brachte die Gruppe zunächst den Makaken bei, aufleuchtende grüne Knöpfe zu drücken. Dann implantierten die Wissenschaftler den Tieren Elektroden um zu bestimmen, welche Zellen aktiv wurden, wenn die Affen Knöpfe an den verschiedenen Stellen einer Konsole berührten. Obgleich die reach-Region Millionen Nervenzellen enthält, konnten die Wissenschaftler dennoch 62 Zellcluster identifizieren, von denen jedes ein bestimmtes räumliches Gebiet repräsentierte. Die relative Stärke der Nervenaktivität in diesen Clustern gestattet es dem Gehirn, die Gliedmaßen mit großer Genauigkeit auszurichten.

Jetzt plant das Team, die neue "Landkarte" der reach-Region zu verwenden, um ein elektronisches Implantat zu entwickeln, mit dessen Hilfe Bewegungen überall dorthin zu lenken sind, wohin der Affe greifen will. Das Implantat wird zunächst aus einer Anordnung von ungefähr 25 Drähten bestehen, wobei jeder Draht in einen unterschiedlichen Cluster der reach-Region implantiert wird. Die Drähte senden dann Signale an einen Computerchip, der unterhalb der Schädeldecke eingepflanzt wird. Der Chip wiederum wird die Nervenimpulse in Radiosignale umwandeln, die einen prothetischen Roboterarm antreiben. Die Wissenschaftler hoffen, für gelähmte Menschen letztendlich ein System zu entwickeln, das die Signale vom Hirn an dem geschädigten Rückenmark vorbei direkt zu den Muskeln transportiert.

Die Ergebnisse Andersens werden von anderen Experten durchaus anerkannt. Die Arbeit "war sehr bedeutend bei der Entschlüsselung der Art, wie das Gehirn den Raum repräsentiert", sagt der Neurowissenschaftler Charles Gilbert von der Rockefeller University in New York City. Doch obgleich die Idee einer hirngesteuerten Prothese "äußerst faszinierend" ist, bemerkt Gilbert, daß dem Konzept "eindeutig noch ein langer Weg bevorsteht."

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