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News: Kein bakterieller Gensprung?

Die Entzifferung des menschlichen Genoms sorgte für einige Überraschungen - enthält doch unser Erbgut zahlreiche Gene bakteriellen Ursprungs. Aber wie fanden diese Fremdgene ihren Weg zu uns? Durch "horizontalen Gentransfer" lautete bisher die Antwort. Mit anderen Worten: Die Gene sprangen direkt vom Bakterium auf den Menschen. Doch jetzt kommen Zweifel an dieser Hypothese auf, denn viele dieser Gene finden sich auch bei Wirbellosen. Demnach scheinen die Bakteriengene eher aus einem alten Erbe eines gemeinsamen Vorfahren zu stammen.
Bakterien nehmen es nicht so genau. Bereitwillig verteilen sie einzelne Häppchen ihres Genoms an andere Mikroben, auch wenn diese mit ihnen nur entfernt verwandt sind. Dieser so genannte horizontale Gentransfer ist unter Prokaryoten – also Zellen ohne echten Zellkern – gang und gäbe. So tauschen sie beispielsweise Antibiotikaresistenzgene flink untereinander aus. Doch tun sie es auch mit Eukaryoten, zu denen alle anderen Organismen, vom Schwamm bis zum Menschen, gehören? Befürchtet wird schon lange, dass genetisch veränderte Mikroorganismen Teile ihres Genoms verbreiten könnten.

Die Veröffentlichung des menschlichen Genoms schien diese Hypothese zu bestätigen. Denn die Genetiker fanden zahlreiche Spuren bakterieller und viraler Gene, die irgendwie den Weg in unser Erbgut zurückgelegt haben müssen. So entdeckten sie 113 Gene, die sowohl beim Menschen als auch bei Bakterien vorkommen – aber nicht bei Wirbellosen wie der Taufliege Drosophila melanogaster, dem Nematoden Caenorhabditis elegans, der Hefe Saccharomyces cerevisiae oder der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana. Daraus schlossen die Forscher, dass diese Gene direkt, also über horizontalen Gentransfer, in unser Erbgut gesprungen sind.

Doch Evolutionsbiologen blieben skeptisch. Denn ein derartiger Gensprung müsste von den Bakterien in die Ei- oder Samenzelle erfolgt sein, damit das Gen an die nächste Generation weiter gegeben werden kann. "Ein außergewöhnlicher Vorgang", meint Michael Stanhope von GlaxoSmithKline. Er glaubt nicht, dass dies gleich 113-mal in der Geschichte der Menschheit passiert sei.

Jonathan Eisen vom Institute for Genomic Research schaute sich die Kandidaten für den horizontalen Gentransfer bei anderen Organismen an – und wurde fündig. Zusammen mit seinen Kollegen fand er ähnliche Gene auch bei Parasiten, Schwämmen oder Pilzen. Die Kandidatenliste schrumpfte damit auf 41 Gene, die bis dahin nur von Menschen und Bakterien bekannt waren [1].

Aber auch das sei kein Beweis für horizontalen Gentransfer, könnten die anderen Organismen doch schlicht ihre bakteriellen Gene verloren haben. "Dies ist ein verbreiteter Vorgang in der Evolution", betont Eisen. Letzte Sicherheit biete nur eine Stammbaumanalyse der betreffenden Gene.

Diese Stammbaumanalyse lieferte Stanhope jetzt nach. Seine Mitarbeiter und er analysierten 28 Gene, die vom Bakterium auf den Menschen gesprungen sein sollen. Die von ihnen aufgestellten Stammbäume zeigen, dass fast alle Gene auch bei weit entfernten Verwandten vorkommen [2].

"Unsere Studie bietet eine umfassende Auswahl von Sequenzen", erklärt Stanhope, "vom Schleimpilz bis zur Mücke." Der horizontale Gentransfer scheint zumindest in diesen Fällen widerlegt. Die Gene stammen wahrscheinlich von einem gemeinsamen Vorfahren ab – bevor Prokaryoten und Eukaryoten eigene Wege gingen.

Ob damit ein horizontaler Gentransfer von Bakterien auf Eukaryoten grundsätzlich auszuschließen ist, bleibt offen. Der Streit geht damit weiter. Der Evolutionsbiologe Russell Doolittle von der University of California in San Diego hält das Ganze für einen "Sturm im Wasserglas", der zumindest zur "Klärung der Situation" diene.

  • Quellen
Nature Science Update
[1] Science 292: 19031906 (2001)
[2] Nature 411: 940–944 (2001)

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