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News: Kein Tiefgang

Vulkane sind nichts anderes als Transportleitungen zwischen der Erdoberfläche und dem darunter liegenden Erdmantel. Und so dienten sie einem Forschungsteam, aus der Zusammensetzung vulkanischer Gase abzuleiten, wie tief hinunter Stickstoff durch Kontinentalbewegungen gelangen kann.
Ungefähr alle 25 Kilometer ragt an der mittelamerikanischen Pazifikküste ein Vulkan in den Himmel. Zusammen bilden sie eine 1100 Kilometer lange Kette von der Südspitze Mexikos bis Costa Rica. Ein paar Kilometer östlich treffen hier unter den Wassermassen des Ozeans zwei Erdplatten aufeinander: die pazifische Cocos-Platte schiebt sich dort nach Osten unter die Karibische Platte, wird in der Tiefe zum Teil aufgeschmolzen und dadurch zum Motor des ausgeprägten Vulkanismus.

Bei diesem Prozess werden allerdings nicht nur Teile der ozeanischen Kruste der Cocos-Platte verschlungen, sondern auch die Meeressedimente, die sich im Laufe der Zeit auf ihr abgelagert haben - und mit ihnen auch eine ganze Menge Stickstoff. Ein Forschungsteam um Tobias Fischer von der University of New Mexico versuchte nun herauszufinden, wie sich diese Subduktionszone auf den globalen Stickstoffkreislauf auswirkt. Durch Bohrkernuntersuchungen vor der mittelamerikanischen Pazifikküste wussten sie, dass hier auf der gesamten Strecke Material vergleichbarer Zusammensetzung durch die abtauchende Platte in die Tiefe gezwungen wird.

Sie machten sich daher auf den Weg zu zwei ausgewählten Vulkangruppen in Costa Rica und Guatemala, beprobten deren ausströmende Gase und bestimmten die Verhältnisse der Isotope von Stickstoff und Helium. Die Verteilung dieser unterschiedlich schweren Atome ein und desselben Elements ist das Resultat verschiedener Fraktionierungsprozesse und daher für jeden Teil des geologischen Stickstoffkreislaufs charakteristisch. Somit lassen sich aus dem Verhältnis der Stickstoffisotope direkte Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Magmaquelle des Vulkans schließen.

Zu ihrer großen Überraschung stellten die Forscher fest, dass die Beobachtungen in Guatemala und Costa Rica trotz identischer Vorzeichen stark voneinander abwichen. Die flüchtigen Gase der guatemaltekischen Vulkane stammten zu 95 Prozent aus den ehemaligen pazifischen Meeresablagerungen. Sie waren also mitsamt der Platte abgetaucht. Die Gaszusammensetzung in Costa Rica hingegen deutete auf eine Herkunft aus dem Erdmantel hin – ohne nennenswerte Beeinflussung durch das subduzierte Material.

Weitere geochemische Untersuchungen zeigten allerdings, dass der Großteil des Stickstoffs in die obersten Sedimentschichten gebunden ist. Im Fall Costa Rica wurden diese im Laufe des Abtauchens der Cocos-Platte "abgeschabt" und an die Karibische Platte "angeklebt". Dadurch erreichten die stickstoffreichen Schichten niemals eine Tiefe, in der sie aufgeschmolzen werden und dadurch die Zusammensetzung der vulkanischen Gase verändern konnten.

Fischer und seine Kollegen vermuten nun, dass diese Aufschmelztiefe damit so etwas wie eine Barriere für den Stickstoffkreislauf darstellt, das heißt, dass kein Stickstoff durch Subduktionsprozesse tiefer in den Erdmantel zurückgeführt werden kann. Er wird vielmehr meist recht schnell nach seinem Abtauchen in das Erdinnere über aktive Vulkane wieder der Atmosphäre zugeführt.

Um diese These nun zu überprüfen, planen die Forscher weitere Untersuchungen an aktiven Vulkanen der gesamten Pazifikküste, an den mittelozeanischen Rücken und auf Vulkaninseln wie Hawaii. Außerdem sind die Forscher davon überzeugt, dass sich auch die meisten anderen flüchtigen Stoffe ähnlich wie Stickstoff verhalten. Ihre Ergebnisse würden demnach einen bedeutenden Einblick in den Stoffhaushalt der Erde und die dazugehörigen geologischen Prozesse im Erdinnern liefern.

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