Fortpflanzung: Korallen klonen sich mit Windkraft
Riffbildende Korallen haben kuriose Embryonen, die sie von nahezu allen anderen Mehrzellern unterscheiden – wo andere Organismen schon in den ersten Lebensstunden durch eine feste Haut von der Außenwelt getrennt sind, beginnen Korallen ihre Existenz als völlig ungeschützte Zellhaufen. An der Meeresoberfläche schwimmend, zerreißen schon kleine Wellen das beginnende Leben in einzelne Zellen. Das allerdings könnte durchaus der Sinn der Sache sein, argumentieren jetzt zwei australische Forscher. Andrew Heyward und Andrew Negri vom Australian Institute of Marine Science schlagen vor, dass es sich dabei um eine spezielle Fortpflanzungsstrategie handelt: Die Korallen erzeugen so Klone.
Forscher haben schon vor Jahrzehnten festgestellt, dass man frühe Embryonen von Stachelhäutern wie Seesternen in einzelne Zellen zerteilen kann, die dann wieder vollständige Larven bilden können. Dank ihrer festen Haut sind diese Embryonen vor dem Zerreißen durch natürliche Einflüsse jedoch gut geschützt, ganz anders als die "nackten" Korallenembryonen. In Experimenten stellten die Wissenschaftler fest, dass schon von leichtem Wind ausgelöster Seegang etwa die Hälfte der Embryonen in Stücke reißt. Heyward und Negri dekantierten deshalb in einem Test Meerwasser mit Embryonen aus 30 Zentimeter Höhe in ein Wasserbecken, um die Kräfte zu simulieren, die in den Schaumkämmen von Meereswellen auftreten. Dabei zerrissen etwa 45 Prozent der Embryonen. Die entstehenden Fragmente jedoch entwickelten sich ganz normal zu Larven weiter und könnten dementsprechend eigene Korallenstöcke gründen – sie sind lediglich etwas kleiner als ihre unzerteilten Geschwister.
Die Forscher glauben, dass diese Kombination von Empfindlichkeit und Widerstandskraft kein Zufall ist: Dazu werden viel zu viele Embryos durch die Wellen zerrissen. Schaumkronen auf Meereswellen treten etwa ab Windstärke 4 auf – am australischen Great Barrier Reef war der Wind in etwa der Hälfte aller Fälle stärker, wenn die Korallen laichten. Heyward und Negri vermuten vielmehr, dass die Korallen auf diese Weise die Vorteile der sexuellen Vermehrung mit der ungeschlechtlichen Produktion von Klonen kombinieren, die wesentlich mehr Nachkommen ermöglicht.
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