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News: Marmor statt Graffiti

Der römische Kaiser Nero verdrängte Wandmalereien aus der höfischen Kunst, wodurch diese Form der Dekoration sukzessive an Prestige verlor. Untersuchungen am Domus Aurea (Goldenen Haus), das er als seine Residenz erbauen ließ, ergaben, dass die Wände der kaiserlichen Gemächer mit Marmor bedeckt waren und nur die weniger wichtigen Komplexe des Hauses mit Wandmalereien verziert wurden.
Durch den Einsatz von Marmor wollte Nero sich anscheinend dem Senat als eine Art "hellenistischer Herrscher" präsentieren, da diese Regenten im östlichen Mittelmeerraum die Wände ihrer Paläste sehr oft mit dem kostbaren Stein verkleideten. Ein Archäologenteam von der Leiden University und der Amsterdam University kommt nach seiner Analyse der Wanddekoration des Domus Aurea, das Nero zwischen dem großen Feuer im Jahre 64 und seinem Tod im Jahre 68 nach Christus bauen ließ, zu diesem Schluss. Das Gebäude ist für Wissenschaftler ausgesprochen aufschlussreich, da es den einzigen Wohnkomplex von römischen Kaisern darstellt, dessen Verzierungen bis in die heutige Zeit erhalten blieben.

Die Untersuchung der hierarchischen Struktur der verschiedenen Wanddekorationen zeigte, dass die Menge des verwendeten Marmors offensichtlich proportional zum Status der Gemächer war. Während der Stein die Wände der kaiserlichen Wohnräume vollständig bedeckte, waren die der Höflinge nur noch zu zwei Dritteln ihrer Höhe verkleidet. An den Wänden der Übergangsbereiche war nur im unteren Teil Marmor zu finden, während der Rest mit Malereien geschmückt war. Allein die Zimmer von untergeordneten Bediensteten waren vollständig mit Wandmalereien verziert.

Somit löste also Nero vermutlich den Rückgang von Wandmalereien aus, denn wie Gebäude in Pompeji und Herculaneum zeigen, stellte diese Kunstform bis zu seiner Herrschaft eine blühende und äußerst kreative Form der Innendekoration dar. Aber von dieser Zeit an nahm ihre Qualität immer weiter ab, wie man an Häuser in Ostia beobachten kann.

Die niederländischen Archäologen konnten im Domus Aurea auch feststellen, dass die Dekorationen von drei Malern aus verschiedenen Schulen stammen, die jeweils einen Teil des Komplexes in ihrem eigenen Stil verzierten. Kurz vor Fertigstellung des Gebäudes wurden die Maler gelegentlich auch eingesetzt, um die Bilder der anderen Künstler zu vollenden.

Die Wiederentdeckung des Hauses um das Jahr 1500 herum beeinflusste die europäische Kunst dieser Zeit nachhaltig. Die gut erhaltenen Fresken der etwa 150 Zimmer inspirierten zum Beispiel die Schule Raphaels zu den grotesken Malereien, welche die Loggia des Vatikans bekleiden.

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