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News: Mehr Libido durch Gentechnik

Genetisch veränderte Pflanzen werden besonders genau auf Veränderungen hin beobachtet. Eine solche wurde bei einem Stamm der Ackerkresse gefunden: Die Rate der Fremdbestäubung, die in diesen Pflanzen normalerweise sehr niedrig liegt, hat sich bei genetisch manipulierten Exemplaren stark erhöht.
Es gibt immer Befürchtungen, daß modifizierte Gene aus genetisch manipulierten Getreidepflanzen durch Outcrossing, das heißt Kreuzung mit verwandten Spezies, "entkommen" könnten. Ein neue Veröffentlichung in Nature vom 3. September 1998 läßt wieder deutlich werden, daß in diesem Zusammenhang große Vorsicht walten muß. In dem Bericht wird eine unerklärliche und unerwartete Zunahme im Outcrossing des aq-Stamms von Ackerkresse (Arabidopsis thaliana) beschrieben, einer kleinen Kreuzblüter-Unkrautpflanze, die genetisch verändert worden war.

Eine große Sorge in beim Einsatz der Gentechnik besteht darin, daß eine durch Genmanipulation herbeigeführte Herbizid-Resistenz von einer Getreideart auf ihre wilden, "unkrautigen" Verwandten übertragen werden könnte. Die genetische Veränderung einer Getreidespezies weist eindeutige Vorteile auf: Sie wird widerstandsfähiger gegen eine große Anzahl von Herbiziden und das ganze Feld kann gespritzt werden, ohne das Getreide zu schädigen. Aber die Übertragung des eingepflanzten Resistenz-Gens (des Transgens) auf wilde Verwandte könnte eine vollständig neue Generation von Herbizid-resistentem Unkraut erzeugen.

Die Wahrscheinlichkeit, daß Transgene entkommen, ist dann am größten, wenn sich eine eng verwandte Unkrautspezies und die transgene Pflanze gegenseitig befruchten und kreuzen. Befruchten sich also entweder die Getreidepflanze oder ihr unkrautartiger Verwandter normalerweise selbst, wird das Risiko, daß sich ein Gen weiter ausbreitet, als gering angesehen.

Als jedoch Joy Bergelson und Kollegen von der University of Chicago eine transgene Herbizid-resistente Form der normalerweise selbst-befruchtenden Arabidopsis unter normalen Feldbedingungen untersuchten, fanden sie heraus, daß die Wahrscheinlichkeit einer Fremdbestäubung bis zu 20 Mal höher war als normal.

Felder mit genetisch manipulierten Pflanzen, die gegenüber dem Herbizid Chlorsulphon resistent sind, wurden zusammen mit normalen, nicht resistenten Pflanzen bepflanzt und mit Stämmen von Arabidopsis, die durch eine natürliche Mutation eine Resistenz gegen Chlorsulphuron aufweisen. Alle Pflanzen sahen gleich aus und auch die Insekten, die sie besuchten (und die Pflanzen bestäubten) konnten anscheinend keinen offensichtlichen Unterschied entdecken.

Die meisten der normalen oder natürlich resistenten Arabidopsis-Pflanzen bestäubten sich selbst, und es lag eine – im normalen Bereich liegende – sehr niedrigen Outcrossing-Rate (ungefähr drei Mal pro tausend Bestäubungen) vor. Bei den transgenen Pflanzen sah das Ergebnis anders aus: Irgendetwas hatte ihre Promiskuität erhöht, so daß es zu einer verstärkten Fremdbestäubung kam.

Warum dies geschah, läßt sich nicht so einfach erklären. Die Forscher können nicht nachweisen, daß es das Transgen selbst ist, welches diese Veränderung verursacht. Es könnte etwas damit zu tun haben, wo das künstlich hinzugefügte Gen letztlich hingelangt (dies kann nicht gesteuert werden) oder ob es irgendwie ein anderes Gen verändert oder beschädigt, wenn es eingesetzt wird.

Was auch immer der Grund sein mag – die Auswirkungen sind besorgniserregend und müssen weiterhin genau beobachtet werden. Bergelson und seine Kollegen weisen darauf hin, daß dieses spezielle Gen bereits in Dutzende von landwirtschaftlichen Feldfrüchten eingesetzt wurde. Gerade deshalb ist es wichtig, herauszufinden, ob erhöhte Promiskuität häufig einer solchen Genmanipuliation folgt.

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