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News: Molekulare Mitgift

Chlamydien rufen bei ihrem Wirt oftmals schwere Entzündungen der Augen oder Geschlechtsorgane hervor. Der Auslöser für diese Leiden blieb jedoch unklar. Nun lieferte das frisch entzifferte Genom des Bakteriums einen Hinweis: Vertreter einiger Stämme enthalten in ihrer Erbinformation einen Abschnitt, der die Bauanleitung für ein zellzerstörendes Protein trägt.
Im Gegensatz zur überwiegenden Mehrheit der Bakterien dringt Chlamydia trachomatis direkt in menschliche Zellen vor und lässt sich dort nieder. Vor Ort kann es allerlei Schäden anrichten: chronische Augenkrankheiten (Trachoma), die weltweit zu den häufigsten Erblindungsursachen zählen, sowie Infektionen der Geschlechtsorgane, die bei Frauen zu Eileiterschwangerschaften oder sogar Unfruchtbarkeit führen können.

Bereits seit Jahren fahnden Forscher nach den Faktoren, mit deren Hilfe einige Chlamydien-Stämme die gefährlichen Entzündungen hervorrufen. Im Verdacht hatten sie insbesondere eine giftige Substanz, welche die Bakterien vermutlich an ihre Umgebung absondern – allerdings gelang es ihnen bisher nicht, den entsprechenden Nachweis zu erbringen. Doch nun klärten Robert Belland und seine Kollegen vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases offenbar die wahre Ursache auf.

Die Wissenschaftler profitierten von der erst kürzlich vollständig entzifferten genetischen Bauanleitung von zwei Chlamydia trachomatis-Stämmen: Während die Vertreter des einen Stammes auf die Oberflächen von Schleimhäuten beschränkt sind und Infektionen der Augen und des Geschlechtstraktes auslösen, befallen die Angehörigen der anderen Gruppe Zellen der Lymphknoten. Der Vergleich der Gensequenzen enthüllte eine nahezu 100-prozentige Übereinstimmung – mit einer Ausnahme: In einer Region unterschieden sich die beiden Bakteriengenome deutlich voneinander.

Bei einer detaillierteren Analyse wies dieser Abschnitt erstaunliche Parallelen zu einem bekannten Gen des Bakteriums Clostridium difficile auf, in dem die Informationen für das so genannte Toxin B verschlüsselt vorliegen. Jenes Gift zerstört das Proteingerüst von Zellen in der Schleimhaut des Darms. Sie weichen daraufhin auseinander und geben dem Bakterium den Weg in tiefere Darmwandschichten frei.

Ähnliche zerstörerische Veränderungen treten auch bei Chlamydien-infizierten Zellen auf. Außerdem konnten die Forscher in den Zellen RNA mit der Bauanleitung für das Toxin nachweisen. Und zu guter Letzt konnten die Wissenschaftler auch noch ein Protein aufspüren, das dem Toxin B stark ähnelt.

Wie Belland hervorhebt, glich ihre Arbeit der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen und wäre ohne das gänzlich entzifferte Erbmaterial des Bakteriums schlichtweg undenkbar gewesen. Im Brennpunkt weiterer Untersuchungen sollen nun die Fragen stehen, wie das entdeckte Chlamydien-Toxin die Krankheiten auslöst, auf welche Weise es mit dem menschlichen Immunsystem wechselwirkt und ob es Wege gibt, die gefährlichen Bakterien gezielter zu bekämpfen.

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