Und jetzt zum Wetter: Monsun in Deutschland?
Das Wetter: Die Achterbahnfahrt geht weiter
Letzte Woche brachen unwetterartige Regenfälle über das Münsterland und Teile Baden-Württembergs herein. Zuvor hatte der Starkregen bereits Regionen in den Niederlanden unter Wasser gesetzt, später dann auch Gebiete in Belgien. Mehr als 190 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden meldete der Deutsche Wetterdienst für eine Station bei Münster, in Rottweil im Süden Baden-Württembergs waren es über den gleichen Zeitraum 150 Liter pro Quadratmeter. Überhaupt fiel der Juli nass und gleichzeitig sonniger sowie wärmer als der langjährige Durchschnitt aus – zumindest, wenn man die Bundesrepublik als Ganzes betrachtet. Denn regional gab es deutliche Unterschiede: Den Nordosten beeinflusste ein sehr ortsfestes Hoch über Skandinavien, das der Region sehr viel Sonne und Hitze bescherte. Dennoch regnete es hier ebenfalls mehr als üblich. Der Westen und Süden waren dagegen benachteiligt – zumindest was den Sonnenschein angeht. Dafür schüttete es oft aus vollen Kübeln. Baden-Württemberg stellte einen neuen Landesrekord auf, im Schwarzwald ergossen sich über den ganzen Monat mehr als 400 Liter pro Quadratmeter.
Nun sieht es so aus, als würde sich dies auch in den ersten Augusttagen fortsetzen: Nach einer kurzen Wetterberuhigung bis Freitag folgt am Samstag der nächste Schwall feuchtwarmer Luftmassen aus Südwesten, die bis Sonntag den Nordosten erreichen. Neben sommerlichen Höchstwerten um und über 30 Grad Celsius sind auch wieder kräftige Gewitter mit nachfolgender kurzer – Abkühlung drin. Und erste Anzeichen deuten daraufhin, dass sich dieses Muster auch nächste Woche fortsetzt.
Die Ursache: hohe Erhaltungsneigung
Es scheint so, als möchte das Wetter dieses Jahr fast jede Wettersingularität bestätigen. Nach den Eisheiligen und der Schafskälte zeigt sich auch die Siebenschläferregel sehr konstant: Alle traten pünktlich ein beziehungsweise zeigten genau das Wetter, das man von ihnen erwartet. Seit dem Siebenschläferzeitraum Ende Juni, Anfang Juli wiederholt sich regelmäßig die Abfolge von kurzem Hochdruckeinfluss mit Hitze, Durchzug einer Kaltfront mit starken Gewittern und nachfolgendem gemäßigtem Wetter, bis das Spiel wieder von vorne beginnt.
In diesem Fall spricht man in der Meteorologie von einer Erhaltungsneigung: Die Strömungsverhältnisse in der Atmosphäre haben sich eingespielt und erneuern sich immer wieder selbst, so dass sich generelle Wetterumschwünge nur schwer einstellen. So zeigt das europäische Wettermodell für die nächste Woche wieder das typische Bild der letzten Wochen mit einem Hoch über den Azoren und einem über Skandinavien. In die Lücke stoßen dann immer wieder Tiefausläufer vor: Auf ihrer heißen Vorderseite steigen die Temperaturen in Mitteleuropa rasch auf sommerliche Werte an, gefolgt von der Übergangsphase mit ihren unwetterartigen Gewittern, bevor wir das kühle Rückseitenwetter mit Schauern zu spüren bekommen – eben das Muster der letzten Wochen.
Die Folgen: Normalisierung des Wasserhaushaltes
So wenig das Wetter geneigt ist, optimale Ferienstimmung im Westen und Süden aufkommen zu lassen: Das Wasserdefizit aus dem Winter und Frühling wurde in weiten Teilen des Landes endlich wieder etwas ausgeglichen und streckenweise ins Gegenteil verkehrt. Stellenweise traten sogar kleinere Flüsse und Bäche über die Ufer. Nur der Osten, Teile des Nordens sowie Bayerns haben von Niederschlägen noch nicht so stark profitiert, dass der Mangel im Boden ausgeglichen werden konnte.
Die Aussichten: Werden Unwetter häufiger?
Die letzten Tage erinnerten den einen oder anderen vielleicht an den Monsun: ergiebiger, nicht enden wollender Dauerregen verbunden mit Wärme. Das ist aber natürlich nicht der Fall, da keine Umkehrung der Zirkulation erfolgt, wie sie sich beispielsweise über Indien zwei Mal jährlich ereignet. Die Realität hört sich banaler an: "Bei Großwetterlagen wie 'Tief Mitteleuropa' muss man in Deutschland im Hochsommer mit einem Unwetterereignis wie am 28. Juli 2014 an einem oder mehreren Orten grundsätzlich rechnen" schreibt der DWD auf seiner Seite. Es handelte sich um ein kleines, relativ stark abgegrenztes Tief, das mit seinem Kern über Deutschland festhing und nur langsam nach Südosten abzog – Hochdruckgebiete im Westen, Osten und Norden blockierten seinen Weg. Über dem Münsterland und an den Osthängen des Südschwarzwaldes regnete es dann besonders viel, weil ständig neue Gewitter wie an einer Perlenschnur immer über denselben Streifen hinweg zogen und ihre Fracht abluden.
Diese Großwetterlage kann zu allen Jahreszeiten vorkommen und entsteht vor allem, wenn sich ein so genannter Kaltlufttropfen in der Atmosphäre von einer weit nach Süden gerichteten Tiefdruckrinne abschnürt. Im Sommer endet sie allerdings meist besonders feucht, da warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen und dann wieder abgeben kann. Da sich Europa nun schon seit Jahrzehnten erwärmt und zukünftig weiter aufheizen soll, gehen zumindest die Meteorologen des DWD davon aus, dass Starkregenereignisse zukünftig häufiger auftreten sollen. Bis 2100 soll sich die Zahl der Wetterlagen "Tief Mitteleuropa" verglichen mit 1950 und den folgenden Jahrzehnten verdoppeln.
Für die nähere Zukunft deutet sich sachte eine Umstellung der eingefahrenen Zirkulation an: So sollen ab der zweiten Augustwoche das Azoren- und Skandinavienhoch wieder Kontakt aufnehmen; dieses Mal mit einer kräftigeren Brücke. Dieser Block könnte den Jestream weiter nach Norden lenken, was das Wetter über Mitteleuropa endlich stabilisieren würde. Doch ob es tatsächlich so kommt, wissen wir erst nächste Woche.
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