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Spätantike: Alte Leier der Angelsachsen auch an der Seidenstraße

Zirka 4000 Kilometer liegen zwischen Sutton Hoo in England und Dzhetyasar in Kasachstan. Nun zeigt sich: An beiden Orten fanden sich nahezu identische Musikinstrumente.
 Musikanten mit Lyren auf einer griechischen Vase aus der Zeit um 560/550 v. Chr. (Symbolbild)

Eine 1600 Jahre alte Leier aus dem heutigen Kasachstan ähnelt Musikinstrumenten, die in angelsächsischen Gräbern aus dem 1. Jahrtausend gefunden wurden. Offenbar war das entsprechende Wissen über das Saiteninstrument, das auch Lyra genannt wird, und damit eine Technologie über tausende Kilometer weitergegeben worden.

Während der Sowjetzeit hatten Archäologen eine Siedlung in der kasachischen Region Dzhetyasar ausgegraben und einen Holzgegenstand gefunden. Später stellte sich heraus, dass es sich um die Überreste eines Saitenmusikinstruments aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. handelt. Bei der erneuten Untersuchung des Objekts bemerkte Gjermund Kolltveit, ein unabhängiger Forscher im norwegischen Nesodden, dass die Lyra solchen Leiern ähnelt, die in frühmittelalterlichen Friedhöfen in England und Deutschland entdeckt wurden. Dazu gehört auch ein Exemplar, das sich in der berühmten Bootsbestattung im britischen Sutton Hoo fand. Das Grab dort war im 7. Jahrhundert angelegt worden.

Lyren im Vergleich | Links eine Zeichnung der Leier aus der Siedlung in der Region des kasachischen Dzhetyasar, rechts ein Nachbau der Leier von Sutton Hoo.

Die kasachische Leier ist hoch und flach, ferner hat sie einen einteiligen Resonanzkörper mit einem gewölbten Boden. Die Arme sind hohl und am oberen Ende durch einen Quersteg verbunden. Form und Technik, so die Vermutung bislang, seien in Westeuropa einzigartig gewesen.

Da Dzhetyasar einst an der Seidenstraße lag, könnte das Design der Leier auf dieser alten Handelsroute, die Europa mit China verband, nach Kasachstan gelangt sein – oder von dort aus in die eine oder die andere Richtung gereist sein. Der Kulturaustausch stellt ein Beispiel für einen frühen musikalischen Technologietransfer zwischen West und Ost dar, wie Studienautor Kolltveit im Fachblatt »Antiquity« schreibt.

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