Spätantike: Alte Leier der Angelsachsen auch an der Seidenstraße
Eine 1600 Jahre alte Leier aus dem heutigen Kasachstan ähnelt Musikinstrumenten, die in angelsächsischen Gräbern aus dem 1. Jahrtausend gefunden wurden. Offenbar war das entsprechende Wissen über das Saiteninstrument, das auch Lyra genannt wird, und damit eine Technologie über tausende Kilometer weitergegeben worden.
Während der Sowjetzeit hatten Archäologen eine Siedlung in der kasachischen Region Dzhetyasar ausgegraben und einen Holzgegenstand gefunden. Später stellte sich heraus, dass es sich um die Überreste eines Saitenmusikinstruments aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. handelt. Bei der erneuten Untersuchung des Objekts bemerkte Gjermund Kolltveit, ein unabhängiger Forscher im norwegischen Nesodden, dass die Lyra solchen Leiern ähnelt, die in frühmittelalterlichen Friedhöfen in England und Deutschland entdeckt wurden. Dazu gehört auch ein Exemplar, das sich in der berühmten Bootsbestattung im britischen Sutton Hoo fand. Das Grab dort war im 7. Jahrhundert angelegt worden.
Die kasachische Leier ist hoch und flach, ferner hat sie einen einteiligen Resonanzkörper mit einem gewölbten Boden. Die Arme sind hohl und am oberen Ende durch einen Quersteg verbunden. Form und Technik, so die Vermutung bislang, seien in Westeuropa einzigartig gewesen.
Da Dzhetyasar einst an der Seidenstraße lag, könnte das Design der Leier auf dieser alten Handelsroute, die Europa mit China verband, nach Kasachstan gelangt sein – oder von dort aus in die eine oder die andere Richtung gereist sein. Der Kulturaustausch stellt ein Beispiel für einen frühen musikalischen Technologietransfer zwischen West und Ost dar, wie Studienautor Kolltveit im Fachblatt »Antiquity« schreibt.
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