Nachtruhe: Musik vor dem Zubettgehen kann den Schlaf stören
Viele Menschen mögen es, vor dem Schlafengehen leise Musik zu hören. Das kann allerdings nicht nur Vorteile haben, wie Forscher um Michael K. Scullin von der Baylor University im Fachmagazin »Psychological Science« berichten. In manchen Fällen scheinen die Melodien anschließend den Schlaf zu stören – selbst wenn die Hörer sich subjektiv entspannter fühlen. Das scheint vor allem bei Instrumentalmusik der Fall zu sein.
Für ihre Untersuchung befragten die Wissenschaftler zunächst knapp 200 Personen zu deren Schlafqualität. Außerdem wollten sie von den Teilnehmern wissen, wie oft und zu welchen Uhrzeiten am Tag diese Musik hörten. Dabei entdeckten sie, dass diejenigen, die viel Musik vor dem Zubettgehen hörten, tendenziell von schlechterem Schlaf berichteten und häufiger tagsüber müde waren als Probanden, die keine eingefleischten Musikfans waren. Zudem klagten sie häufiger über »Ohrwürmer« – also Musikstücke, die sie nicht mehr aus dem Kopf bekamen. Regelmäßig wachten sie sogar nachts mit den Melodien im Ohr auf. Erstaunlicherweise war dieser Trend besonders ausgeprägt, wenn die Teilnehmer Instrumentalmusik hörten.
Um die Ergebnisse aus der Befragung experimentell zu überprüfen, baten Scullin und seine Kollegen anschließend 50 junge Erwachsene für eine Nacht ins Schlaflabor. Hier durften die Teilnehmer zunächst drei verschiedenen Musikstücken lauschen. Anschließend sollten sie sich zur Ruhe legen. Für die Hörprobe hatte die Forscher extra drei Lieder ausgewählt, die nachweislich ein gewisses Ohrwurmpotenzial besitzen: »Don't stop believin'« von Journey, »Call me maybe« von Carly Rae Jepsen sowie Taylor Swifts »Shake it off«. Die eine Hälfte der Teilnehmer hörte die Stücke mit, die andere ohne Gesang.
Auch hier ergab die Auswertung, dass rund ein Viertel der Probanden nachts mit einem Ohrwurm aufwachte. Außerdem schliefen die Teilnehmer weniger tief, und im EEG konnten die Forscher vermehrt Hirnwellenmuster beobachten, die mit Gedächtniskonsolidierung assoziiert sind. Das galt selbst dann, wenn die Probanden sich nach dem Hören der Musik entspannter gefühlt hatten als zuvor.
Wie in der Befragung zeigte sich der Effekt auch im Schlaflabor nach dem Hören von Instrumentalmusik besonders deutlich. Warum das so ist, wissen die Forscher nicht. Es sei gut möglich, dass die Teilnehmer bei den populären Liedern den Text quasi automatisch im Kopf dazudichteten – und deshalb noch leichter einen Ohrwurm bekamen. Das erklärt allerdings nicht, warum reine Instrumentalmusik, die gar keinen Text besitzt, den Schlaf vermehrt zu stören scheint.
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