Biomaterialien: Muskelprotein nachgebaut
Muskelgewebe ist zugleich fest, widerstandsfähig und elastisch – Eigenschaften, die es dem Riesenprotein Titin verdankt, einer komplexen molekularen Feder. Wissenschaftlern ist es jetzt gelungen, durch gezieltes Moleküldesign einen Werkstoff zu entwickeln, der sowohl auf molekularer als auch auf makroskopischer Ebene mit Titin vergleichbare Eigenschaften aufweist. Das Material soll bei der Züchtung von künstlichen Organen als Stützgewebe für Muskelzellen zur Anwendung kommen.
Das Molekül Titin besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Domänen – es ist eine Kette von etwa kugelförmigen Immunoglobulinen, die untereinander durch unstrukturierte Proteinketten verbunden sind. Dehnt man dieses Molekül, streckt sich erst einmal die gesamte Kette. Wenn das nicht reicht, um die Dehnungskräfte aufzunehmen, entfalten sich bei weiterem Zug einige Globulinmoleküle, um zu verhindern, dass die Kette reißt. Dadurch kann ein Netzwerk aus Titin speziell bei hohen Belastungen Energie sehr gut absorbieren und ableiten.
Kanadische Wissenschaftler haben die Architektur dieser Verbindung reproduziert, indem sie das Protein GB1 – das ähnliche Eigenschaften wie das Immunoglobulin hat – mit dem langkettigen, elastischen Protein Resilin zu titinähnlichen Ketten verknüpften. GB1 ist die antikörperbindende Domäne eines bakteriellen Zellwandproteins und besteht aus vier Beta-Faltblättern, von denen zwei sich unter starker Belastung entfalten können. Resilin dagegen ist ein elastisches langkettiges Protein, das sich ohne größeren Widerstand bis auf das Dreifache seiner Ursprungslänge dehnen lässt.
In Messungen mit dem Rasterkraftmikroskop bestätigten die Wissenschaftler um Daniel Dudek von der University of British Columbia in Vancouver, dass sich das künstliche Molekül verhält wie das natürliche Titin: Zuerst lässt es sich ohne Kraftaufwand dehnen, bis die Resilin-Ketten vollständig gestreckt sind. Erst dann steigt die Spannung exponentiell an, um schließlich plötzlich auf den Ausgangswert zurückzugehen, wenn die erste GB1-Domäne durch den Zug entfaltet wird. Da bei weiterer Streckung immer mehr der GB1-Domänen nachgeben, entsteht in der Kraftkurve ein charakteristisches Sägezahnmuster. Bei nachlassendem Zug falten sich die gestreckten Bereiche in ihre kompakte Form zurück.
Aus diesen Makromolekülen ein dem Titin-Netzwerk vergleichbares Material herzustellen, ist nach wie vor eine große Herausforderung. Im Muskel liegt Titin wohl geordnet eingebettet im Filamentgitter der Zellen – eine Anordnung, die bislang nicht zufrieden stellend reproduziert werden kann. Stattdessen vernetzten die Forscher die Resilin-Stränge lediglich mit einem lichtempfindlichen Katalysator untereinander. Das resultierende transparente Material zeigt einzigartige mechanische Eigenschaften, zum Beispiel die Fähigkeit, durch interne Umorganisation unter hohen Belastungen Energie abzuleiten und so die Wahrscheinlichkeit bleibender Schäden zu reduzieren. Darin ähnelt der Stoff in der Tat dem Muskelgewebe.
Diese so gewonnenen Biomaterialien stellen einen neuen Typ von muskelähnlichem Material dar, das biokompatibel und vollständig biologisch abbaubar ist. Derartige Stoffe können zum Beispiel als Gerüst für die Entwicklung künstlichen Muskelgewebes dienen. Doch die eigentliche Bedeutung des neuen Werkstoffs liegt darin, dass die makroskopischen Eigenschaften eines Materials über das mikroskopische Verhalten seiner Komponenten gezielt eingestellt wurden. Dieses Konstruktionsprinzip öffnet die Tür zu einer Vielzahl maßgeschneiderter Biomaterialien auf Proteinbasis. (lf)
Das Molekül Titin besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Domänen – es ist eine Kette von etwa kugelförmigen Immunoglobulinen, die untereinander durch unstrukturierte Proteinketten verbunden sind. Dehnt man dieses Molekül, streckt sich erst einmal die gesamte Kette. Wenn das nicht reicht, um die Dehnungskräfte aufzunehmen, entfalten sich bei weiterem Zug einige Globulinmoleküle, um zu verhindern, dass die Kette reißt. Dadurch kann ein Netzwerk aus Titin speziell bei hohen Belastungen Energie sehr gut absorbieren und ableiten.
Kanadische Wissenschaftler haben die Architektur dieser Verbindung reproduziert, indem sie das Protein GB1 – das ähnliche Eigenschaften wie das Immunoglobulin hat – mit dem langkettigen, elastischen Protein Resilin zu titinähnlichen Ketten verknüpften. GB1 ist die antikörperbindende Domäne eines bakteriellen Zellwandproteins und besteht aus vier Beta-Faltblättern, von denen zwei sich unter starker Belastung entfalten können. Resilin dagegen ist ein elastisches langkettiges Protein, das sich ohne größeren Widerstand bis auf das Dreifache seiner Ursprungslänge dehnen lässt.
In Messungen mit dem Rasterkraftmikroskop bestätigten die Wissenschaftler um Daniel Dudek von der University of British Columbia in Vancouver, dass sich das künstliche Molekül verhält wie das natürliche Titin: Zuerst lässt es sich ohne Kraftaufwand dehnen, bis die Resilin-Ketten vollständig gestreckt sind. Erst dann steigt die Spannung exponentiell an, um schließlich plötzlich auf den Ausgangswert zurückzugehen, wenn die erste GB1-Domäne durch den Zug entfaltet wird. Da bei weiterer Streckung immer mehr der GB1-Domänen nachgeben, entsteht in der Kraftkurve ein charakteristisches Sägezahnmuster. Bei nachlassendem Zug falten sich die gestreckten Bereiche in ihre kompakte Form zurück.
Aus diesen Makromolekülen ein dem Titin-Netzwerk vergleichbares Material herzustellen, ist nach wie vor eine große Herausforderung. Im Muskel liegt Titin wohl geordnet eingebettet im Filamentgitter der Zellen – eine Anordnung, die bislang nicht zufrieden stellend reproduziert werden kann. Stattdessen vernetzten die Forscher die Resilin-Stränge lediglich mit einem lichtempfindlichen Katalysator untereinander. Das resultierende transparente Material zeigt einzigartige mechanische Eigenschaften, zum Beispiel die Fähigkeit, durch interne Umorganisation unter hohen Belastungen Energie abzuleiten und so die Wahrscheinlichkeit bleibender Schäden zu reduzieren. Darin ähnelt der Stoff in der Tat dem Muskelgewebe.
Diese so gewonnenen Biomaterialien stellen einen neuen Typ von muskelähnlichem Material dar, das biokompatibel und vollständig biologisch abbaubar ist. Derartige Stoffe können zum Beispiel als Gerüst für die Entwicklung künstlichen Muskelgewebes dienen. Doch die eigentliche Bedeutung des neuen Werkstoffs liegt darin, dass die makroskopischen Eigenschaften eines Materials über das mikroskopische Verhalten seiner Komponenten gezielt eingestellt wurden. Dieses Konstruktionsprinzip öffnet die Tür zu einer Vielzahl maßgeschneiderter Biomaterialien auf Proteinbasis. (lf)
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