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Galaxien: NGC 7714 – eine Galaxie mit Gezeitenschweifen

Einen eindrucksvollen Beleg für die enormen Wechselwirkungen zweier Galaxien konnte das Weltraumteleskop Hubble bei der Welteninsel NGC 7714 im Sternbild Fische dokumentieren.
Das Galaxienpaar NGC 7714 und 7715 (Ausschnitt aus dem Digitized Sky Survey)

Rund 100 Millionen Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Fische befindet sich das Galaxienpaar NGC 7714 und 7715, das miteinander in gravitativer Wechselwirkung steht. Das Weltraumteleskop Hubble konnte nun die Galaxie NGC 7714 in hoher Auflösung aufnehmen. Die ungewöhnliche Form dieser Spiralgalaxie geht auf die enormen Gezeitenkräfte zurück, welche die enge Passage der Galaxie NGC 7715 verursachte. Dabei wurden beide Welteninseln drastisch verformt und in die Länge gezogen. Astronomen vermuten, dass sich diese Passage vor 100 bis 200 Millionen Jahren ereignete. Auf der Aufnahme von Hubble ist nur NGC 7714 zu sehen, NGC 7715 befindet sich links außerhalb des Bildes. Zusammen bilden NGC 7714 und 7715 das Objekt Arp 284. Es ist der 284. Eintrag im Katalog des US-amerikanischen Astronomen Halton Arp (1927 – 2013), der in den 1966 seinen "Atlas of Peculiar Galaxies" veröffentlichte. In ihm werden 338 ungewöhnlich geformte Galaxien beschrieben.

Die Galaxie NGC 7714 in einer Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble | Das Weltraumteleskop Hubble fotografierte die ungewöhnliche Galaxie NGC 7714 im ultravioletten und sichtbaren Licht. Deutlich lassen sich zwei bläuliche Spiralarme erkennen, die große Mengen an heißen, massereichen Sternen enthalten. Der auffällige rötliche Ring besteht dagegen überwiegend aus Sternen ähnlich unserer Sonne. NGC 7714 war ursprünglich eine gewöhnliche Spiralgalaxie ähnlich unserem Milchstraßensystem. Sie wurde aber durch eine dichte Passage der Nachbargalaxie NGC 7715, die sich außerhalb des Bildes befindet, stark in ihrer Struktur durch Gezeitenkräfte gestört.

Nicht nur die Formen der Galaxien, sondern auch die in ihnen enthaltenen Ansammlungen von Gas und Staub, die dort riesige Wolken bildeten, wurden durch die Gezeitenkräfte in Mitleidenschaft gezogen. Durch die wechselnden Schwerkrafteinflüsse wurden die Wolken in Bewegung versetzt, so dass Turbulenzen entstanden. Dadurch kam es in vielen Fällen zum Kollaps der Wolken in kleinere Gebilde, in denen gleichzeitig Zehntausende von Sternen entstanden. Eine solche Massenentstehung von Sternen wird englisch als Starburst bezeichnet.

Besonders intensiv verlief dieser in den bläulichen Regionen von NGC 7714. Hier befinden sich große Anzahlen an hellen massereichen Sternen, die so heiß sind, dass sie den größten Teil ihrer Strahlung im blauen sichtbaren Licht und im nahen Ultravioletten abgeben. Massereiche Sterne gehen derart verschwenderisch mit ihren Vorräten an Wasserstoff bei der Fusion zu Helium um, dass ihnen im Vergleich zur Sonne nur kurze Lebensdauern beschieden sind. Schon nach wenigen zehn Millionen Jahren ist der Wasserstoff in ihren Zentren verbraucht und die Sterne schwellen in der Folge zu Roten Riesen an. Im Gegensatz dazu reichen die Brennstoffvorräte der Sonne für rund zehn Milliarden Jahre, unser Zentralgestirn hat mit 4,6 Milliarden Jahren somit etwa die Hälfte seiner Lebensdauer erreicht. Findet man in Galaxien große Mengen an massereichen Sternen, so liegt ihre Entstehung also noch nicht lange zurück.

Auffällig ist auch der rötliche Ring um NGC 7714. Er besteht aus langlebigen Sternen ähnlich unserer Sonne, die bei der Passage von NGC 7715 aus der Scheibe von NGC 7714 herausgerissen wurden. Sie ordneten sich in der Folge in einem zum Zentrum exzentrischen Ring an. Das Bild ist ein Komposit aus Aufnahmen im Ultravioletten bei Wellenlängen von 300 und 390 Nanometern und sichtbarem Licht bei 606 Nanometer (orange) und nahem Infrarot bei 814  Nanometer. Die Ultraviolettbilder wurden von der Weitfeldkamera-3 (WFC-3) aufgenommen, die Bilder im sichtbaren und infraroten Licht von der Advanced Camera for Surveys (ACS).

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