Kosmogonie: Planetenbildung im Staubfänger
Wöchentlich werden neue Planeten bei fremden Sternen entdeckt, aber der Ursprung dieser Welten ist längst nicht in allen Einzelheiten geklärt. Als gesichert gilt, dass sich Planeten innerhalb von Staubscheiben bilden, die junge Sterne umgeben. Hier ballen sich winzige Partikel mit weniger als einem tausendstel Millimeter Durchmesser im Lauf vieler Millionen Jahre zu größeren Körpern zusammen.
Bisherigen Modellrechnungen zufolge haben es heranwachsende Himmelskörper bei diesem Prozess recht schwer, denn in Staubscheiben herrschen raue Bedingungen: Gegenseitige Zusammenstöße der Partikel hemmen das Anwachsen zu größeren Einheiten. Und sollte ein metergroßer Klumpen die Karambolage überstehen, dann sagen ihm die Simulationen dennoch ein gewaltsames Ende voraus. Er läuft auf einer spiralförmigen Bahn nach innen, bis ihm schließlich der Sturz in den Stern droht.
Wie aber können sich unter solch widrigen Verhältnissen Planeten bilden? Als möglichen Ausweg betrachten die Astrophysiker "Staubfallen" – lokal begrenzte Wirbel innerhalb der Scheibe, welche die Partikel dauerhaft zusammenzuhalten. Hier kann das Staubwachstum ungestört vonstattengehen, und die einmal gebildeten größeren Partikel entweichen nicht nach innen. Neue Beobachtungen eines Forscherteams um Nienke van der Marel von der Universität Leiden stützen dieses Szenario.
Mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) untersuchten die Astronomen den Stern IRS 48 im Sternbild Schlangenträger, bei dem durch frühere Infrarotbeobachtungen bereits eine Staubscheibe entdeckt worden war. Diese älteren Daten ließen nur die Strahlung sehr kleiner Partikel erkennen, die eine homogene Scheibe um IRS 48 bilden. Doch mit ALMA konnten van der Marel und Kollegen nun auch die Strahlung größerer Partikel erfassen. Passend zu den theoretischen Vorhersagen verteilen sie sich nicht gleichmäßig um den Stern, sondern konzentrieren sich auf ein begrenztes Gebiet innerhalb des bekannten Rings – eine mögliche Staubfalle, in der sich die größeren Partikel aus kleineren gebildet haben könnten.
Hinweise auf Inhomogenitäten innerhalb stellarer Staubscheiben gab es schon früher, aber die neuen ALMA-Beobachtungen lassen dieses Phänomen bei IRS 48 in einer bisher nicht gesehenen Deutlichkeit erkennen. Als möglichen Auslöser des Wirbels, der die Staubfalle bei IRS 48 bildete, betrachtet das Forscherteam einen hypothetischen Begleiter, der den Stern auf einer engen Bahn innerhalb der Scheibe umläuft.
Die Planetenentstehung gehört zu den wissenschaftlichen Schwerpunkten, denen sich die Astronomen am Observatorium ALMA in Chile widmen. In seiner Endausbaustufe wird das im März 2013 offiziell in Betrieb genommene Teleskop aus 66 Spiegeln mit Durchmessern von bis zu zwölf Metern bestehen. Zu einem Interferometer vereinigt, liefern sie ein im Submillimeterbereich zuvor unerreichtes Auflösungsvermögen.
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