Neozoen: Pyrrhus-Sieg
Als schonende Insektenabwehr eingeführt, entpuppten sich die amerikanischen Aga-Kröten bald als eine der größten tierischen Plagen Australiens - und als eine der unbeliebtesten noch dazu. Ihren Erfolg verdanken die Lurche auch ihr raschen Anpassungsgabe. Doch diese hat einen schmerzhaften Preis.
Die Zeitungsmeldungen lesen sich wie Frontberichte: "Toadzilla erobert Darwin", "Aga-Kröten-Invasion in Westaustralien aufgehalten", "Aga-Kröten könnten Australien einnehmen", "Aga-Kröten: Australiens amphibische Plage". Die Medien in Down Under schlagen diesen bisweilen arg martialischen Ton jedoch nicht ganz ohne Grund an. Denn nur wenige der in Australien absichtlich oder versehentlich eingeschleppten Tierarten kombinieren negative Eigenschaften wie Giftigkeit, molochartigen Appetit und ein etwas unvorteilhaftes Aussehen mit einer derart raschen und erfolgreichen Ausbreitungsstrategie wie Bufo marinus, die Aga-Kröte.
Verursacht wurde diese Beschleunigung durch eine evolutionäre Anpassung der Agas, die im Laufe der letzten Jahrzehnte immer längere Beine bekamen, die sie entsprechend schneller und ausdauernder über das Land tragen als frühere Generationen. Doch diese Erfolgsgeschichte für die Art hat ihren Preis für viele Individuen, wie nun australische Forscher um Gregory Brown von der Universität Sydney melden.
Die Entzündungsreaktion beeinflusste zudem vor allem die hinteren Segmente der Wirbelsäule, die von Bewegungen wiederum am stärksten belastet werden. Für Brown und seine Kollegen lag es daher nahe, einen Zusammenhang zwischen dem Größen- und Beinwachstum, der beschleunigten Ausbreitung und dem Ausmaß der Arthritis zu knüpfen – ähnlich wie bei Säugetieren, unter denen große und gestresste Vertreter ein höheres Risiko für derartige entzündliche Prozesse aufweisen als kleinere.
Besondere Hoffnung auf eine verzögerte Invasion neuer Landesteile oder gar erfolgreiche Bekämpfung der Nezoen sollten sich die Menschen vor Ort aber nicht machen: Wenn die Agas experimentell zur ununterbrochenen Bewegung gezwungen werden, fällt ihre Leistung nach 15 Metern verglichen mit jener von gesunden Artgenossen zwar deutlich ab – wahrscheinlich wegen der Schmerzen, die mit den Gelenk-Abnormitäten verbunden sind. Doch unter natürlichen Bedingungen hinken die kranken Tiere den unbelasteten Verwandten keineswegs hinterher, da sie häufigere Pausen durch ihre längeren Beine kompensieren. Und auf ihren Appetit hat die Wirbel-Malaise ohnehin keinen zügelnden Einfluss. Das Mitleid mit den großen Lurchen wird sich seitens der Australier deshalb wohl eher in Grenzen halten.
Ursprünglich 1935 nach Queensland eingeführt, sollte sie in den Zuckerrohrfeldern des Bundesstaats den dort hausenden Zuckerrohr-Käfer in Schach halten, der gerade seine verheerende Wirkung entfaltete. Doch statt sich an den gefräßigen Kerf Lepidoderma albohirtum zu halten, wandte sich die Aga-Kröte lieber der einheimischen Fauna zu, die unvorbereitet diesem Räuber ausgeliefert waren und daher zur naiven Beute wurde. Neben anderen Amphibien verzehrte der südamerikanische Einwanderer auch Reptilien und sogar kleine Vögel wie Säugetiere, deren Bestände sich oft stark verringerten. Die Agas selbst hatten dagegen so gut wie keine natürlichen Feinde zu fürchten, da sie ein starkes Toxin produzieren: Es lässt viele Angreifer binnen kürzester Zeit an Herzversagen verscheiden und führt bei Menschen schon bei bloßem Hautkontakt zu üblen Reizungen.
Da die Krötenweibchen außerdem zwischen 8000 und 30 000 Eiern auf einmal legen können – aus denen sich die Kaulquappen bisweilen innerhalb von zwei bis drei Tagen entwickeln –, stand einer zügigen Ausbreitung kaum etwas im Wege: Heute besiedeln sie weite Gebiete Nordost-Australiens, und die Agas marschieren weiterhin rasch gen Westen. Bis zu knapp zwei Kilometer können die Kröten dabei pro Nacht hüpfend zurücklegen, was die begleitenden Herpetologen nachhaltig überraschte: Frühere Studien belegten schließlich ein deutlich niedrigeres Wandertempo. Folglich breiten sich die mittlerweile unerwünschten Einwanderer heute mit einer Geschwindigkeit von fünfzig Kilometern pro Jahr in unerschlossene Gebiete aus, während es zu Beginn der Invasion nur ein Fünftel davon war.
Verursacht wurde diese Beschleunigung durch eine evolutionäre Anpassung der Agas, die im Laufe der letzten Jahrzehnte immer längere Beine bekamen, die sie entsprechend schneller und ausdauernder über das Land tragen als frühere Generationen. Doch diese Erfolgsgeschichte für die Art hat ihren Preis für viele Individuen, wie nun australische Forscher um Gregory Brown von der Universität Sydney melden.
Während ihrer Studien an der vorrückenden Krötenfront im Northern Territory – wo schlimme Folgen für den artenreichen Kakadu-Nationalpark befürchtet werden – fielen den Biologen viele Agas auf, deren Wirbelsäulen abnorm verändert waren. Jedes zehnte Tier hatte Wucherungen an den knöchernen Gelenken, die die neun Wirbelsegmente voneinander trennen – eine Aufgabe, die bei Säugern von Knorpelscheiben übernommen wird. Betroffen war jedoch nur eine bestimmte Gruppe von Kröten: Große Exemplare, die ihren Artgenossen voranstürmen. In kleineren oder jüngeren Tieren und im ursprünglichen Epizentrum der Ausbreitung zeigten sich die arthritischen Fehlbildungen dagegen nicht.
Die Entzündungsreaktion beeinflusste zudem vor allem die hinteren Segmente der Wirbelsäule, die von Bewegungen wiederum am stärksten belastet werden. Für Brown und seine Kollegen lag es daher nahe, einen Zusammenhang zwischen dem Größen- und Beinwachstum, der beschleunigten Ausbreitung und dem Ausmaß der Arthritis zu knüpfen – ähnlich wie bei Säugetieren, unter denen große und gestresste Vertreter ein höheres Risiko für derartige entzündliche Prozesse aufweisen als kleinere.
Gefördert wird die Amphibien-Arthritis neben der körperlichen Anstrengung womöglich zusätzlich durch ein allgegenwärtiges Bodenbakterium namens Ochrobactrum anthropi, das die Forscher in vielen Knochenwucherungen aufspürten, während es in gesundem Material fehlte. Zumindest bei Menschen wurde es in seltenen Einzelfällen schon als Auslöser für Athritis veranwortlich gemacht und könnte daher auch den Amphibien schaden. Zumal wenn deren Immunsystem durch Hunger und Anstrengung geschwächt ist, was an der Spitze der Wanderbewegung mangels Lagekenntnis geeigneter Lebensräume sehr wahrscheinlich ist.
Besondere Hoffnung auf eine verzögerte Invasion neuer Landesteile oder gar erfolgreiche Bekämpfung der Nezoen sollten sich die Menschen vor Ort aber nicht machen: Wenn die Agas experimentell zur ununterbrochenen Bewegung gezwungen werden, fällt ihre Leistung nach 15 Metern verglichen mit jener von gesunden Artgenossen zwar deutlich ab – wahrscheinlich wegen der Schmerzen, die mit den Gelenk-Abnormitäten verbunden sind. Doch unter natürlichen Bedingungen hinken die kranken Tiere den unbelasteten Verwandten keineswegs hinterher, da sie häufigere Pausen durch ihre längeren Beine kompensieren. Und auf ihren Appetit hat die Wirbel-Malaise ohnehin keinen zügelnden Einfluss. Das Mitleid mit den großen Lurchen wird sich seitens der Australier deshalb wohl eher in Grenzen halten.
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