Empathische Tiere: Ratten erkennen Leid im Gesicht des Gegenübers
Wie beim Menschen zeichnet sich auch bei Mäusen und Ratten Schmerz im Gesicht ab – und dies, wie Forscher seit einigen Jahren wissen, auch messbar: An einer Skala überprüfen sie etwa in Experimenten, ob und wie stark das Tier Schmerzen wahrnimmt. Umstritten war allerdings, ob die Schmerzgrimassen eine bloße Reaktion auf den unangenehmen Umweltreiz sind oder auch eine kommunikative Funktion im Gemeinschaftsleben der sozialen Nager haben. Können Mäuse und Ratten das Gesicht ihrer Artgenossen deuten? Können sie vielleicht sogar einschätzen, wie stark und bedrohlich das unangenehme Erlebnis eines Gegenübers ist? Eindeutig ja, sagen nun japanische Forscher nach einem Versuch: Der schmerzverzerrte Gesichtsausdruck dient auch bei den Nagetieren als Kommunikationssignal.
Die Wissenschaftler hatten zunächst Tiere mit neutralem Gesichtsausdruck fotografiert sowie solche, die gerade einen leichten elektrischen Schlag bekommen hatten. Diese Fotos zeigten sie dann in verschiedenen Kombinationen und in jeweils einzelnen abgetrennten Nischen eines Stalls, in dem sie andere Nager frei herumeilen ließen. Dabei zeigte sich eindeutig, dass die Schmerzgrimassenfotos abschreckend wirkten: Die Tiere bevorzugten als Aufenthaltsort andere Nischen. Neben dem Gesicht spielte aber auch die Körperhaltung des Gegenübers eine Rolle, wie weitere Experimente mit durch Bildbearbeitung manipulierten Nagerfotos an den Wänden belegen: Die nonverbale Kommunikation läuft also nicht nur über den Gesichtsausdruck, sondern auch über die Körpersprache, schlussfolgern die Forscher.
Ganz überraschend ist das weder für Haustierbesitzer, die Forscher selbst oder den Erfinder der Grimassen-Skala, Jeffrey Mogil von der McGill University in Montreal, den "ScienceNow" zum Thema befragt hat: Eine soziale Funktion lag bei den intelligenten Tieren einfach recht nahe. Schließlich hatten Versuche auch schon gezeigt, dass Ratten sogar in der Lage sind, den Malstil diverser Künstler zu unterscheiden. Rein optisch die Lage eines Artgenossen einschätzen zu können, dürfte den Tieren im Vergleich sicher leichter fallen.
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