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Wissenschaft im Alltag: Reibungsarme Käfighaltung

Ein Rad dreht sich auf seiner Achse, beider Oberflächen gleiten aneinander vorbei, das Ergebnis ist Reibung. Die aber kostet Kraft. Um Steinblöcke oder andere Lasten über größere Strecke zu bewegen, versuchten schon frühe Hochkulturen, die Kontaktflächen zu verringern.
Kugellager
Schema des Kugellagers | In einem Kugellager wird die Kraft von einer äußeren Laufbahn über Kugeln auf eine innere übertragen. Die Bauteile bestehen meist aus Chromstahl, je nach Anforderungen auch aus Titan, Keramik oder aus speziellen Kunststoffen.
Zu solchen frühen Versuchen der Kontaktflächen- reduzierung gehörte der Transport auf Rollen, die freilich stets wieder untergelegt werden mussten, und schließlich das Rad. Doch auch das läuft nicht ohne Reibung, insbesondere an den Haltepunkten der Achsen geht viel Energie verloren. Moderne Autos, Computerfestplatten und viele andere Maschinen mit drehbaren Teilen wären deshalb ohne eine Erfindung der Neuzeit nicht möglich: das Wälzlager.

Fürs eher Grobe und Spezielle: Zylinder- und Kegelroll-; Brücken und Magnetlager | In Zylinder- und Kegelrollenlagern übertragen Walzen statt Kugeln über linienhafte Kontakte Kräfte von einem Ring zum anderen. Sie nehmen auch in der Achse wirkende Lasten auf. Mit zwei Reihen von Kegelrollen bewältigen dieses Lager auch die bei schweren Nutzfahrzeugen auftretenden Kräfte.

Noch stärkeren Kräfte treten bei Brücken auf: Diese werden länger, wenn es wärmer wird, und sie ziehen sich bei Kälte zusammen. Damit sie dabei nicht reißen, müssen sie auf ihren Pfeilern beweglich befestigt werden. Dazu dienen Brückenlager: große eiserne Rollen. Die gesamte Konstruktion kann darauf einige Zentimeter hin- und hergleiten.

Auch in den besten Lagern gibt es Reibung und damit entsteht wiederum Wärme. Wird das zum Problem, ist ein Magnetlager vielleicht die Lösung. Ein magnetisches Feld lässt die Achse frei schweben. Da nun keine Schmierung mehr vonnöten ist, eignen sich solche Lager zum Beispiel für Reinräume etwa in der Mikrochip-Fertigung.
Am bekanntesten ist es in Form des Kugellagers. Das besteht aus zwei konzentrischen Ringen mit geschliffenen Laufbahnen, zwischen denen kleine Kugeln rollen. Sie werden von einem Rahmen – dem so genannten Käfig – im gleichen Abstand gehalten, damit sie sich nicht aneinander reiben. Einer der beiden Ringe ist mit dem feststehenden, der andere mit dem sich drehenden Teil verbunden, etwa bei einem Elektromotor der äußere mit dem Motorengehäuse, der innere mit einer rotierenden Achse. Reibung entsteht vor allem noch dort, wo sich Kugel und Käfig berühren, das lässt sich durch Schmierung weiter vermindern.

WUSSTEN SIE SCHON?
Mit fortschreitender Mechanisierung in Manufakturen und Mühlen waren Lösungen für das Reibungsproblem dringend gesucht. Eine um 1780 errichtete Windmühle hatte eine drehbare Bodenplatte, um sie nach dem Wind auszurichten. Diese war auf einem Kugellager mit einem Außendurchmesser von knapp einem Meter und vierzig gusseisernen, 5,7 Zentimeter großen Kugeln gelagert, die in einer Rille umliefen. 1794 wurde in Großbritannien das erste Patent angemeldet. Wesentliche Impulse lieferte die Erfindung des Lauf- und Fahrrads im 19. Jahrhundert.
Diese Lager sind äußerst vielseitig. So braucht man für einen Bürostuhl eines, das hauptsächlich Kräfte in Richtung der Achse aufnimmt. Anders bei Rollen für einen Flaschenzug, hier wirken die Kräfte radial. Beim Autoreifen findet man eine Kombination davon, wie das deutsche Unternehmen SKF in Schweinfurt verrät, denn radial wirkt das Gewicht des Wagens, axial die Fliehkraft, wenn es rasant um die Kurve geht. Für jede dieser Anwendungen haben Ingenieure den optimalen Lagertyp ausgetüftelt. Dieser unterscheidet sich vor allem in der Form des im Inneren rollenden Körpers: Kugeln, Zylinder, Tonnen, Kegelstümpfe oder dünne Nadeln. Eines haben all diese Varianten gemeinsam – die Präzision, mit der die Einzelteile gefertigt werden, liegt heutzutage im Bereich von Mikrometern (tausendstel Millimetern). Zum Beispiel dürfen die Maßabweichungen bei einem Lager mit 75 Millimeter Bohrungsdurchmesser je nach Qualitätsstufe nicht mehr als 2,5 bis 15 Mikrometer betragen. Ähnliche Werte gelten für die Kugeldurchmesser.

Stahlkugeln für Kugellager | Stahlkugeln werden aus einem Draht geschnitten und in einer Presse grob in Form gebracht, dann in mehreren Arbeitsgängen zwischen zwei gegeneinander rotierenden und gerillten Schreiben immer feiner geschliffen und poliert, bis Unebenheiten nur noch wenige millionstel Meter groß sind. Übertragen auf den Durchmesser der Erde wären die Unebenheiten von Präzisionskugeln gerade mal dreißig Meter hoch.
Das Herstellungsverfahren ist entsprechend aufwändig: Zuerst quetschen zwei halbkugelförmige Pressmatrizen ein Stückchen Stahldraht zu einem Kugelrohling. Dann durchläuft dieser eine "Schrotmaschine". Zwei gegeneinander rotierende Gusseisenscheiben mit konzentrischen Rillen schleifen aus den Rohlingen sphärische Körper. Diese werden anschließend in einem Ofen gehärtet. Darauf folgen zwei weitere Bearbeitungsgänge mit feinerem Schleifmaterial. Das Endprodukt sind polierte Kugeln von exakt gleichem Durchmesser.



"Wissenschaft im Alltag" ist eine regelmäßige Rubrik in Spektrum der Wissenschaft. Eine Sammlung besonders schöner Artikel dieser Rubrik ist soeben als Dossier erschienen.

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