News: Schlechte Kost
Genau diese Elementverhältnisse hat sich die Arbeitsgruppe unter der Leitung von James Elser von der Arizona State University in Tempe angeschaut. Die Ökologen wollten damit die Nahrungsnetze an Land mit denen eines Süßwassersees vergleichen – zwei Habitate, die sich auf den ersten Blick stark unterscheiden. "Sie erscheinen so unterschiedlich – mikroskopische Algen in Seen und Bäume an Land – wie soll man das vergleichen?" fragt Elser und gibt gleich die Antwort: "Man muss etwas finden, was sie gemeinsam haben, und das ist ihre elementare Zusammensetzung, weil alle Organismen dieselben Elemente für ihren Körperaufbau benutzen."
Die Wissenschaftler durchforsteten die Literatur und trugen die Daten von 501 Landpflanzen, wie Bäume und Gräser, 226 mikroskopische Algenarten, 130 terrestrische Insektenarten, wie Schmetterlinge und Grashüpfer, sowie von 43 planktonischen Krebsarten zusammen (Nature vom 30. November 2000). Es zeigte sich, dass die Elementzusammensetzung der Pflanzenfresser an Land sich nicht wesentlich von den aquatischen Arten unterscheidet. "Innerhalb eines Habitats variierte die Elementzusammensetzung der Tiere ziemlich, der Nährstoffgehalt in den Körpern der Pflanzenfresser war jedoch in beiden Habitaten sehr ähnlich", erläutert Elser.
Ganz anders sieht es jedoch bei der Nahrung der Tiere, bei den Pflanzen, aus. "Die Nahrungsnetze der verschiedenen Habitate haben hinsichtlich ihre Ernährungsqualität eine völlig andere Basis", entdeckte Elser. Die Algen der Seen zeigen hohe Gehalte der Elemente Stickstoff und Phosphor; Landpflanzen bestehen dagegen hauptsächlich aus Kohlenstoff. Da sich die Elemente in ihrer Bedeutung für die Organismen unterscheiden, hat dies Konsequenzen für deren Wachstum. Wachsende Organismen brauchen besonders viel Stickstoff und Phosphor, um neue Proteine und Nukleinsäuren synthetisieren zu können. Kohlenstoff ist dagegen vor allem als Energiequelle notwendig. "Das bedeutet, dass diese Nahrungsquelle von schlechter Qualität ist", meint Elser. "Es ist wie, wenn Sie die ganze Zeit Marshmallows essen. Sie können sicherlich ihren täglichen Energiebedarf mit Marshmallows decken, aber Sie können damit nicht wachsen, weil Sie zum Wachsen mehr als nur Energie brauchen."
Elser schließt daraus, dass terrestrische Insekten nicht so schnell wachsen können wie diejenigen, die im Wasser leben. Schnell wachsende Insekten benötigen eine ausreichende Versorgung mit Phosphor und Stickstoff. An Land, wo diese Quellen rarer sind, können daher starke Schwankungen der Insektenpopulationen auftreten. Eventuell sollten auch Landwirte die Erkenntnisse der Ökologen mit berücksichtigen. Zu hohe Düngung mit Phosphor und Stickstoff könnte unbeabsichtigt ein Schlaraffenland für Schadinsekten schaffen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 13.3.2000
"Ein Gesetz für die Natur"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 9/98, Seite 97
"Ökotechnologien zur Sanierung und Restaurierung von Standgewässern"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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