Kosmologie: Schwarzes Loch beleuchtet kosmisches Netz
Für Kosmologen bildet die Materie im Weltall auf riesigen Größenskalen ein verzweigtes Netz aus Gasfilamenten, das enorme Mengen an Wasserstoffatomen seit dem Urknall enthält. Bislang entzog sich dieses Netz den Nachforschungen, doch nun gelang Forschern der University of California in Santa Cruz und des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg erstmals eine Aufnahme der kosmischen Struktur. Sie nutzten dafür die intensive Strahlung, die von einem supermassereichen Schwarzen Loch – dem Quasar UM 287 – erzeugt wird und einen kleinen Teil des kosmischen Netzes hell erleuchtet.
Mit ihrer Aufnahme erhellen die Astronomen um Sebastiano Cantalupo womöglich etwas die Entstehung und Entwicklung des Weltalls. Denn Galaxien wie unsere Milchstraße entstehen in den gängigen kosmologischen Modellen genau an den Knotenpunkten der Filamente. Und das beteiligte Wasserstoffgas ist essenziell, damit sich neue Sterne in den Galaxien bilden können. Direkt überprüfen ließ sich dieses Bild bislang jedoch nicht: Selbst an den dichtesten Knotenpunkten ist das Wasserstoffgas extrem verdünnt und emittiert kaum Licht.
Cantalupo und Co umgingen dieses Problem, indem sie einen so genannten Quasar als Scheinwerfer nutzten: Der extrem helle Galaxienkern besteht aus einem Schwarzen Loch, das gerade einen Wachstumsschub erlebt, wenn Materie darauf fällt und dabei gewaltige Energiemengen freisetzt. Die Wirtsgalaxie des Quasars sitzt an einem der Knoten des kosmischen Netzwerks, und der Quasar kann die direkt umliegenden Gasfilamente anstrahlen, so dass diese zu fluoreszieren beginnen.
"Das Licht des Quasars ist wie der Strahl eines Scheinwerfers. In unserem Fall haben wir das Glück, dass dieser Scheinwerfer direkt auf ein Filament des kosmischen Netzwerks gerichtet ist und dessen Gas zum Leuchten bringt", sagt Sebastiano Cantalupo, der mit seinem Team das Phänomen mit Hilfe des Keck-I-Teleskops auf Hawaii einfangen konnte.
Das Wasserstoffgas im Nichts zwischen den Galaxien untersuchten die Astronomen jahrzehntelang nur indirekt. Damit ließen sich aber nur bestimmte, eng umgrenzte Eigenschaften der kosmischen Gase feststellen. Solch ein eindimensionaler Ausschnitt reicht bei Weitem nicht aus, um die gesamte dreidimensionale Struktur des Netzwerks sichtbar zu machen. Fabrizio Arrigoni Battaia vom MPI freut sich daher über den neuen Fund: "Uns ist es zum ersten Mal gelungen, ein Bild des kosmischen Netzes aufzunehmen, das dessen Filamentstruktur zeigt." Der abgelichtete Ausschnitt aus dem kosmischen Netzwerk aus Gas misst im Durchmesser rund zwei Millionen Lichtjahre.
Die Beobachtung soll nun helfen, Supercomputersimulationen zu überprüfen, mit denen Kosmologen die Entstehung großräumiger Strukturen im Universum nachvollziehen. Tatsächlich liefert bereits diese Studie Hinweise darauf, dass den Modellierungen wichtige Elemente fehlen dürften: So enthält das kosmische Netzwerk wohl mehr kühles Gas, als bislang geschätzt wurde. Und das Gas könnte größtenteils in Form kleiner, dichter Einzelwolken vorliegen – die man so bislang im wahrsten Sinn nicht auf dem Schirm hatte.
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