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Nachruf: Sir Patrick Moore (1923 - 2012)

Am zweiten Adventssonntag, dem 9.12.2012, verstarb Sir Patrick Moore in seinem Haus nahe Chichester (Südengland). Deutsche Leser kennen seine populären Astronomiebücher, doch in seiner britischen Heimat war er schlicht die bekannteste Person, die die Öffentlichkeit mit der Astronomie verband. 'Sir Patrick' galt als brillanter, humorvoller und schillernder Charakter.

Seit 1957 gestaltete Moore mit der BBC die monatliche TV-Sendung zur Himmelskunde The Sky at Night. Niemand zuvor hat eine Serie im Fernsehen so lange betreut. Er schrieb im Lauf der Jahre mehr als 70 Bücher, darunter Himmelsführer und Standardwerke über das Planetensystem. Dazu kommen eine Jugendserie von Sciencefiction-Romanen und Parodien, die unter Pseudonymen erschienen. Er tippte sie alle auf seiner treuen alten Schreibmaschine von 1908.

Schon im Alter von sechs Jahren interessierte er sich für Astronomie, doch erhielt er seine Schulbildung wegen schwacher Gesundheit zuhause. Er hat nie geheiratet. Seine Verlobte kam im zweiten Weltkrieg ums Leben, als ihr Ambulanzwagen von einer Bombe getroffen wurde. Das hat er nie überwunden. "Für mich gab es sonst niemanden," sagte er einmal. "Ich hätte gerne eine Familie gehabt, aber es sollte nicht sein."

Nach dem Krieg ließ er sich im Westen der Grafschaft Sussex nieder, wo er bis zuletzt gelebt hat. Er baute einen Reflektor und wurde bald als Experte für Mondbeobachtungen bekannt. Als die Sowjets mit Sonden die ersten Bilder von der Mondrückseite gewannen, nutzten sie seine Karten der Randgebiete, die durch Libration nur zeitweise sichtbar sind, um die Landschaften richtig einzuordnen. Als Berichterstatter zu den Apollo-Missionen war er in seinem Heimatland die offensichtliche Wahl.

Über die Jahrzehnte verlieh ihm das Königshaus drei Orden für seine Verdienste, die Wissenschaft unter die Menschen zu bringen, zuletzt den Titel Knight Commander of the Order of the British Empire. Er erreichte einen einzigartigen Bekanntheitsgrad, auch unter Menschen, die sich gar nicht für Astronomie interessierten. Seine Kennzeichen waren schnelle Rede und ein Monokel im Auge. Die große Astronomiesendung The Sky at Night zog die Zuschauer durch Klarheit, Aktualität und anschauliche Experimente an. Er schreckte auch nicht davor zurück, im Raumanzug vor die Kamera zu treten. In seiner Sendung verband er die Astronomie auch mit seiner Liebe zur Musik, und selbst als Komponist trat er an die Öffentlichkeit. Einer seiner Freunde war Brian May, der als Gitarrist von Queen eine astronomische Doktorarbeit unterbrach, und doch als häufiger Gast in The Sky at Night auftrat, oft an der Seite bekannter Professoren der Astronomie. Mit ihm und dem jungen Oxforder Astronomen Chris Lintott schrieb er zuletzt das Buch "Bang! Die ganze Geschichte des Universums", das in ein gutes Dutzend Sprachen übersetzt wurde.

Seine konservativen politischen Einstellungen trafen auf weniger Gegenliebe, darunter unzeitgemäße Ansichten zu Ausländern. Mit starker Opposition zum Irak-Krieg fand er aber viele Gleichgesinnte, und mit der Bewertung von George W. Bush, Jr., als vielleicht gefährlichster Person der Welt, die den Dritten Weltkrieg riskiere.

Seine Interessen waren schon immer breit angelegt, und so übernahm er auch eine Rolle in der Radiosendung The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy. Einmal wurde er das Ziel des Komödianten Jon Culshaw, dessen Scherztelefonate auf BBC Radio 4 gesendet wurden. Jon gab sich als Doctor Who aus (eine langjährige britische TV-Science-Fiction-Parodie), der astronomischen Rat einholen wollte. Sir Patrick spielte mit, manövrierte den Anrufer im Gespräch dann aber so aus, dass dieser lachend und sprachlos aus seiner Rolle fiel.

Sir Patrick war immer zum Scherzen aufgelegt. So trat er 1976 mit einem Aprilscherz auf BBC 2 auf, wonach eine geradlinige Aufreihung von Erde, Jupiter und Pluto kurzzeitig die Schwerkraft auf der Erde senke. Sollten Zuhörer um 9:47 Uhr morgens genau im rechten Moment in die Höhe springen, dann könnten sie einen kurzen Schwebezustand spüren. Zahlreiche Anrufer kontaktieren daraufhin die BBC und berichteten begeistert von der Erfahrung (obwohl angesichts des britischen Humors nicht klar ist, ob auch nur ein einziger der Anrufer den Erfahrungsbericht Ernst meinte).

Seit er nicht mehr mobil genug zum Reisen war, übertrug die BBC die Serie The Sky at Night direkt aus seinem Haus. Zwei Generationen von Fernsehzuschauern war er das Tor zum Universum. Sein Humor war Vielen eine verlässliche Quelle des einzig wahren Jungbrunnens, des Lachens. Mit seinen nunmehr 89 Jahren war er zwar nicht mehr so schillernd wie früher, doch er wird trotzdem sehr vermisst werden.

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