Sonnensystem: Auch Neptun hat Polarlichter

Im August 1989 passierte Voyager 2 den Neptun und übermittelte Daten, die stark darauf hindeuteten, dass es auch auf dem äußersten Planeten Polarlichter geben könnte. Seitdem suchten Astronomen nach dem endgültigen Beleg. Doch selbst Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops reichten nicht aus, um Auroren in der Atmosphäre Neptuns nachzuweisen. Das gelang erst mit den präzisen Instrumenten des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST), wie ein Team um Henrik Melin von der Northumbria University in »Nature Astronomy« berichtet.
Die Arbeitsgruppe nutzte ein leistungsstarkes Messinstrument für Infrarotstrahlung, mit dem das JWST ausgestattet ist, um spektroskopische Bilder von Neptun aufzunehmen und die verschiedenen vom Planeten emittierten Lichtwellenlängen zu analysieren. Mit Hilfe dieser Technik wies sie 2023 bereits Auroren auf Uranus nach. Beim Neptun gelang es den Forschern, eine sehr deutliche Emissionslinie aufzuzeichnen, die auf das Vorhandensein des Triwasserstoff-Kations (H3+) schließen lässt, das in Auroren entstehen kann. In den vom JWST gemachten Bildern des äußersten Planeten unseres Sonnensystems erscheinen diese Aurora als zyanfarbene Flecken.
Diese Polarlichter unterscheiden sich deutlich von denjenigen der Erde, des Jupiters oder Saturns. Statt auf die nördlichen und südlichen Pole des Planeten beschränkt zu sein, befinden sich die Auroren von Neptun in den geografisch mittleren Breiten des Planeten – etwa dort, wo sich Südamerika oder Afrika auf der Erde befinden. Das wiederum hängt mit dem besonderen Magnetfeld von Neptun zusammen, das ebenfalls von der NASA-Sonde Voyager 2 entdeckt wurde und um 47 Grad gegenüber der Rotationsachse des Planeten geneigt ist. Da Polarlichter vor allem da stattfinden, wo die Magnetfelder in die Atmosphäre des Planeten an den magnetischen Polen konvergieren, sind die Auroren von Neptun weit von seinen Rotationspolen entfernt.
Erstmals seit Voyager 2 konnte das Team mit den JWST-Daten die Temperatur der obersten Schicht der Neptun-Atmosphäre messen. Sie erklären womöglich, warum diese Auroren so lange verborgen blieben: Die obere Atmosphäre von Neptun hat sich seit 1989 um mehrere hundert Grad Kelvin abgekühlt. Die Intensität der Neptun-Auroren ist aber wohl abhängig von diesen Temperaturen. Eine wesentlich niedrigere Temperatur würde zu deutlich schwächeren Auroren führen – weshalb auch die Polarlichter wohl nicht nachweisbar waren: Kein Instrument war dafür ausreichend leistungsstark. Obwohl Neptun so weit von der Sonne entfernt ist, hat sie also immer noch ausreichend starken Einfluss auf seine Atmosphäre.
Das JWST soll es Astronomen ermöglichen, den fernen Planeten über einen gesamten, elfjährigen Sonnenzyklus zu beobachten. Die Ergebnisse könnten dann vielleicht sogar Hinweise auf den Ursprung des besonderen Magnetfelds von Neptun liefern oder erklären, warum es so stark geneigt ist.
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