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News: Spiegelkerne

Sieht man einmal von der Ladung ab, so ähneln sich Protonen und Neutronen fast wie Zwillinge. Denn schließlich unterscheiden sie sich kaum in ihrer Masse und bilden gemeinsam den Kern eines Atoms. Und so kommt es, dass sie auch hier eine fast spiegelbildliche Symmetrie bewirken. Denn ein Paar von Atomkernen, deren Protonen- und Neutronenzahl gerade vertauscht ist, weist viele Gemeinsamkeiten auf. Und das gilt auch dann, wenn man besonders protonen- und neutronenreiche Kerne miteinander vergleicht, wie Forscher nun herausfanden.
Ein Proton trägt eine positive Elementarladung ein Neutron ist – wie der Name schon sagt – elektrisch neutral. Soweit die äußerlichen Unterschiede, denn die Masse der Teilchen unterscheiden sich gerade mal um etwa ein Promille. So ist es eigentlich auch nicht sonderlich verwunderlich, dass auch die Eigenschaften von Atomkernpaaren, bei denen der eine Partner so viele Neutronen besitzt wie der andere Protonen – und umgekehrt, sehr ähnlich sind. Spiegelkerne nennt man die Paare deshalb.

Tritiumkerne (ein Proton, zwei Neutronen) bilden beispielsweise mit Helium-3 (zwei Protonen, ein Neutron) ein solches Paar. Das radioaktive Kohlenstoffisotop 14C (sechs Protonen, acht Neutronen) und Sauerstoff-14 (acht Protonen, sechs Neutronen) ist ein anderes Beispiel. Bei beiden Paaren unterscheidet sich die Neutronen- und Protonenzahl jedoch nicht sonderlich: Im ersten Fall handelt es sich um Spiegelkerne erster Ordnung, im zweiten Fall um solche zweiter Ordnung. Doch wie sieht es mit Kernen aus, die besonders viele Neutronen oder Protonen besitzen? Unterscheiden sich solche Spiegelkerne stärker? Gerade derartig weit "entfernten" Spiegelkerne wären ein guter Test für die Symmetrie.

Einem Forscherteam von der Florida State University in Tallahassee und der Michigan State University in East Lansing gelang es nun, am National Superconducting Cyclotron Laboratory ein solches Paar zu erzeugen und zu untersuchen. Dazu lenkten die Forscher einen Strahl des stabilen Isotops Argon-36 auf eine Beryllium-Probe, wobei unter anderem das instabile
Argon-32 (18 Protonen, 14 Neutronen) entstand – einer der beiden Partner, den es zu untersuchen galt. Hierfür mussten die Forscher um Paul Cottle jedoch zunächst das Argon-32 aus den restlichen Überbleibseln aussortieren, was ihnen auf magnetischem Wege gelang.

"Das war so ähnlich, wie ein paar Teller in die Luft zu werfen und daraus die mit der richtigen Größe herauszupicken", erinnert sich Thomas Glasmacher. Doch der Jonglage-Akt gelang, und so konnte das Team schließlich einen Strahl von Argon-32-Kernen auf ein Stückchen Gold lenken. Dort angelangt, regten sie schließlich die Atomkerne des Edelmetalls auf das nächsthöherer Energieniveau an.

Nun mussten die Forscher diese Anregung nur mit derjenigen des Spiegelkerns vergleichen. Zwar handelte es sich auch bei Silicium-32 (14 Protonen, 18 Neutronen) um ein instabiles Isotop, doch mit rund hundert Jahren Halbwertszeit, war es deutlich einfacher zu handhaben als das flüchtige Argon. Und tatsächlich lieferten auch die Kollisionen mit den Silicium-Kernen eine ähnliche Anregungswahrscheinlichkeit, was zwar – wie erwartet – auf eine verwandte Kernstruktur schließen lässt, die Forscher aber auch fast ein wenig enttäuschte: "Man wünscht sich fast ein spektakuläres Ergebnis, wie etwa den Zusammenbruch der Protonen-Neutronen-Symmetrie", gesteht Kim Lister vom Argonne National Laboratory. "Doch diese exotischen Kerne verhalten sich enttäuschend normal."

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