News: Steine, die vom Himmel fallen
Schon um das Jahr 1900 herum hatte ein russischer Ingenieur namens Yarovsky bemerkt, dass Meteoriten in verschiedene Richtungen unterschiedlich viel Wärme abstrahlen. Denn die der Sonne zugewandte Seite heizt sich stärker auf als die Gegenseite. Dadurch entsteht eine kleine Kraft, die den Steinbrocken von seiner ursprünglichen Bahn wegtreibt. Deswegen driftet ein Meteorit mit etwa 15 bis 1500 Kilometer im Jahr langsam durch das All. So können Asteroiden während Millionen von Jahren durch das Weltall treiben. Auf ihrem langen Weg werden sie wahrscheinlich durch Stöße mit anderen Objekten immer weiter zerstückelt, sodass sich ein Schwarm immer kleinerer Bruchstücke bildet, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch den Kosmos fliegen, von denen schließlich einige wenige die Erde erreichen.
Um den komplexen Yarovsky-Effekt quantitativ zu analysieren, haben D. Vokorouchlický vom Institute of of Astronomy der Charles University in Prag und P. Farinella vom Dipartimento di Astronomia der University of Trieste ihn in eine Computersimulation übersetzt (Nature vom 5. Oktober 2000). Die Rechnungen begannen mit einem Schwarm kleiner Teilchen, die zusammen genommen die Masse eines Asteroiden mit einem Durchmesser von 500 Meter besaßen. Mehrere gleichzeitig wirkende Mechanismen beeinflussten den Strom aus rund 66 Millionen Fragmenten. Die Rechnungen simulierten eine Entwicklung über einen Zeitraum von bis zu einer Milliarden Jahre. Weil von den Asteroiden Vesta, Hebe und Flora bereits bekannt war, dass Teile von ihnen Meteorite bilden, wählten die Wissenschaftler sie als Ursprungsorte der Gesteinsbrocken.
Ihre Rechnungen zeigen, dass der Yarovsky-Effekt einen sehr effektiven Transportmechanismus darstellt. Er beeinflusst zwischen 40 und 90 Prozent der die Erde erreichenden Meteoriten. Die Forscher halten den Effekt für "groß genug, um ihn in der Zukunft bei Beobachtungen erdnaher Asteroiden nachzuweisen". Zudem sagt das Modell der beiden Astronomen die Altersverteilung der Meteoriten korrekt voraus.
Der Yarovsky-Effekt war schon über Jahrzehnte bekannt. "Aber der Idee fehlte ein quantitativer Beweis", kommentiert Clark Chapman vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado. "Das ist, was Vokrouhlický und Farinella jetzt liefern." Einige Details fehlen zwar noch, aber "die Theorie, wie Meteoriten zur Erde gelangen, ist im Grunde genommen vollständig."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 4.6.1998
"Hart im Nehmen" - Spektrum Ticker vom 5.8.1999
"Ein Asteroid findet seine Heimat"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 11/96, Seite 92
"Kometen und Planetoiden – Risiko für die Erde?"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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