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Paläoklimatologie: Steter Tropfen

In Tropfsteinhöhlen gibt es Stalagmiten und Stalagtiten. Aber welche der Kalkausfällungen wächst von unten nach oben und welche umgekehrt? Beide jedenfalls können für die Rekonstruktion des Klimas interessant sein: Aus einer Tropfsteinhöhle in Südchina erreichen uns jetzt neue Erkenntnisse über den asiatischen Monsun der letzten 9000 Jahre.
Eingang zur Dongge-Tropfsteinhöhle in China
Stalagmiten und Stalagtiten wachsen dann besonders gut, wenn viel Wasser von der Decke tropft. Und das passiert genau dann, wenn es über der Höhle kräftig regnet. Ausgeprägte Wachstumsphasen der unterirdischen Kalksäulen korrelieren also mit hohen Niederschlagsmengen. Denn ist der Regen erst einmal niedergegangen, sickert er durch das Gestein über der Höhle und löst dabei Kalziumkarbonat. Sobald dieses auch als "meteorisch" bezeichnete Wasser in einen Hohlraum gelangt, ändern sich die physikalischen Bedingungen seiner Umgebung: Der Druck sinkt und die Temperatur steigt. Beides führt zur Ausfällung von Kalziumkarbonat und damit auch zur Bildung von Stalagtiten und Stalagmiten, je nach dem. Was bietet sich also mehr an, als diesen Prozess als meteorologischen Langzeitmesser zu nutzen.

Stalagmiten | Stalagmiten in der Dongge-Höhle in Südchina. Die Höhle befindet sich in 680 Metern Höhe.
Yongjin Wang von der Nanjing Normal University und seine Kollegen untersuchten jetzt einen Tropfstein des Typs "Stalagmit" aus der Dongge-Höhle in China. Sein genaues Alter datierten die Forscher radiometrisch mit Thorium-230 und fanden heraus, dass der Stalagmit die letzten 9000 Jahre kontinuierlich gewachsen sein muss, mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von etwa 100 Mikrometer pro Jahr.

Dongge-Höhle von innen | Das Innere der Dongge-Höhle
Um dem Kalkgestein Informationen über Klimaänderungen zu entlocken, analysierten die Forscher die Mengenverhältnisse zweier Sauerstoffisotope. Denn in Kalziumkarbonat – die chemische Formel lautet CaCO3 – ist auch Sauerstoff enthalten. Und wie viele andere Elemente, kommt auch Sauerstoff in verschiedenen Formen in der Natur vor. Die beiden häufigsten sind 18O und das leichtere 16O. Das Verhältnis der beiden Isotope ändert sich unter anderem dann, sobald es aufhört zu regnen und es in der Höhle wieder trocken wird. Dann gast das sich neu bildende Gestein aus, und das leichtere 16O verdampft schneller als sein schwereres Pendant 18O.

Untersuchter Stalagmit | Der von den Wissenschaftlern um Yongjin Wang untersuchte Stalagmit mit einer Länge von 962,5 Millimetern
Die Wissenschaftler haben nun 2124 Mal dieses Mengenverhältnis entlang des Stalagmiten gemessen und konnten zeigen, dass seine Variationen zu denen des asiatischen Monsuns in Beziehung stehen. Denn ist der Monsun stark, fällt auch viel Regen. Als Folge wird einerseits viel Kalziumkarbonat in der Höhle ausgefällt aber andererseits auf Grund der hohen Luftfeuchtigkeit weniger 16O verdampft. Wird es danach wieder trockener, verschiebt das Verhältnis wieder zu Gunsten des schweren 18O.


Die Daten zeigten, dass der asiatische Monsun seit der letzten Eiszeit deutlich schwächer wurde. Außerdem entdeckten die Wissenschaftler Gemeinsamkeiten mit anderen klimarelevanten Aufzeichnungen aus marinen Sedimenten des Nordatlantik und Eiskernen Grönlands. Die Änderung der ozeanen Zirkulation im Nordatlantik hatte über den untersuchten Zeitraum offensichtlich globale Auswirkungen und beeinflusste auch den asiatischen Monsun.

Stalagmiten zeugen also vom Klimageschehen vergangener Zeiten. In ihrem Namen steckt übrigens eine Eselsbrücke, um sie von den Stalagtiten zu unterscheiden: Wie die Mieten in den Himmel wachsen, tun es auch die Stalagmiten.

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