News: Topologie der Migräne
Die Wissenschaftler benutzten das SPECT-Verfahren (single photon emission computerized tomography), um die Hirnhaut während eines Migräneanfalls zu untersuchen. Zunächst zeigten die Patienten auf einem Diagramm, wo der Schmerz lokalisiert sei. Dann wurde ihnen intravenös das Blutplasmaprotein Albumin gespritzt, welches mit radiokativen Isotopen angereichert war. Die SPECT-Messungen während der akuten Migräneattacke wurde mit Aufzeichnungen nach mehreren Minuten, Stunden und Tagen verglichen. Die Forscher konnten auf diese Weise in der Hirnhaut eine Entzündung feststellen. Dabei werden Blutgefäße ungewöhnlich durchlässig und können von Molekülen wie dem Albumin durchdrungen werden. Die SPECT-Aufnahmen wiesen durch helle, diffuse Flecken die Schwachstellen in der Hirnhaut nach – genau dort, wo die Patienten ihren Kopfschmerz fühlten.
Mit der neuen Methode kann zum einen Migräne diagnostiziert werden, zum anderen öffnet sie neue Wege zu einer Therapie, so die Wissenschaftler auf einer im April 1999 stattfindenden Konferenz der American Academy of Neurology in Toronto.
Im Gegensatz zu Entzündungen, die durch ein Trauma oder eine Infektion ausgelöst werden, sind für die beobachteten "neurogenen Entzündungen" Neuropeptide verantwortlich, die von Nervenenden freigesetzt werden. Dabei gibt es einen unangenehmen Nebeneffekt: Sie sensibilisieren auch nahegelegene Schmerzrezeptoren in der Hirnhaut. So basieren die wichtigsten Medikamente für Migräne darauf, daß sie die Freisetzung von Neuropeptiden blockieren. Zwar ist die Arbeit nur eine sehr kleine Pilotstudie, aber die SPECT-Bilder verknüpfen die Stelle der Schmerzen eindeutig mit der Hirnhaut, sagt Pappagallo.
Trotz all der Forschung, die sich bisher mit der Migräne auseinandersetzte, bleibt die Störung im großen und ganzen unverstanden, und Wissenschaftler haben nur unvollständige Erklärungsmodelle für die Ursache. Traditionelle Ansichten gehen davon aus, daß eine epilepsieartige Störung in einem Auslösezentrum im Gehirnstamm den Nervus trigenimus aktiviert, der sich bis zum Gesicht und der Kopfhaut verzweigt.
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