Direkt zum Inhalt

News: Tropfenweise

Tropfen haben ein überaus komplexes Innenleben, das die Forscher schon lange beschäftigt. Nur wie kann man die Durchmischung in einem fallenden Wassertropfen beobachten, ohne ihn anzufärben oder sonstwie zu manipulieren? Ausgerechnet mit der trägen kernmagnetischen Resonanz-Spektroskopie gelangen Forschern nun gestochen scharfe Bilder.
Tropfen
Was im Inneren eines fallenden Tropfens vor sich geht, ist keinesfalls bedeutungslos. In Wolken beispielsweise laufen in den Wassertropfen eine Vielzahl von chemischen Prozessen ab, wobei sich Substanzen aus der Luft mit Wasser mischen und die komplexe Chemie der Atmosphäre bedingen. Auch in vielerlei technischen Prozessen spielt die Vermischung verschiedener Stoffe eine wichtige Rolle.

Allerdings ist es überaus knifflig, das Innenleben eines Tropfens zu beobachten. Manches lässt sich mithilfe von Computersimulationen abbilden, während man bei Experimenten meist auf eingefärbte Substanzen angewiesen ist, die Eigenschaften des Tropfens also verändert. Es müsste doch möglich sein, Tropfen zu beobachten, die schlicht aus einer Pipette tropfen und völlig frei vom experimentellen Umfeld in die Tiefe fallen.

Auf die Idee, dies mithilfe der kernmagnetische Resonanz-Spektroskopie (NMR) zu tun, wäre sicher kaum ein Forscher gekommen. Immerhin eignete sich diese Methode insofern, als dass damit die magnetische Ausrichtung der Wasserteilchen gemessen werden kann und somit Strömungsmuster im Wassertropfen darstellbar sind. Allerdings fiele ein solcher Tropfen so schnell durch die Messkammer, dass bei einer Geschwindigkeit von zwei Metern pro Sekunde für die Aufnahme gerade einmal zehn Millisekunden Zeit blieben. Für eine einigermaßen aussagekräftige Auflösung wäre dies viel zu kurz. Nun könnte man zwar versuchen, den Tropfen während der Messung in einem Luftstrom an Ort und Stelle zu halten, doch wäre das ein schwerer Eingriff in das Verhalten des Tropfens, den die Forscher der RWTH Aachen unbedingt vermeiden wollten.

Song-I Han und ihre Mitarbeiter mussten sich also etwas einfallen lassen, damit sie trotz der viel zu langen "Belichtungszeiten" doch noch zum Ziel kamen. Die Lösung waren gleichsam "Mehrfachbelichtungen", wozu sie aus einer Pipette Tropfen für Tropfen durch die Messeinrichtung fallen ließen. Die Aufnahmen vieler Tausend Tropfen sollten schließlich ein hoch aufgelöstes Bild liefern.

Nun würde man eigentlich denken, dass kein Tropfen wie der andere ist, viele Aufnahmen verschiedener Tropfen also eher ein verschwommenes Bild wiedergeben. Doch selbst Song-I Han und ihre Kollegen waren überrascht: Nachdem zehn Stunden lang 33 800 Tropfen vermessen waren, ergab sich in der Tat ein einziges, gestochen scharfes Bild: Die komplexen Strömungsverhältnisse unzähliger Tropfen gleichen sich offenbar wie ein Ei dem anderen.

NMR-Experte Eiichi Fukushima von New Mexico Resonance ist sprachlos, nie hätte er für möglich gehalten, dass die Aachener Forscher mit ihrer Idee Erfolg haben könnten. Auf die Idee mit der NMR war - aus scheinbar naheliegenden Gründen - bisher schlichtweg niemand gekommen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.