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Hadaikum: Überleben im Kometenhagel

Wie alt sind "wir" - das Leben auf Erden - tatsächlich? Rund vier Milliarden Jahre mögen es schon sein, aber noch fehlt die letzte Gewissheit. Immerhin: Selbst das Überleben unter heftigstem Beschuss im ungemütlichen Hadaikum scheint "uns" möglich gewesen zu sein.
Lavasee
Das Ende war nah, und die Tage der Erde hätten schon gezählt sein können, ehe sich unsere Heimat überhaupt zu voller Blüte aufschwingen konnte: Noch in seiner Kindheit, etwa 100 Millionen Jahre nach der Entstehung, traf ein veritables Kaliber in Form eines etwa marsgroßen Planeten die Erde. Das Geschoss riss ein riesiges Stück aus ihrem Körper, das später den Mond bildete, der seit dieser kosmischen Katastrophe im Zeitalter des Hadaikums (abgeleitet von Hades, der "Unterwelt" der griechischen Mythologie) um seine unfreiwillige Mutter kreist.

Lavasee | So ungefähr hat es zur Frühzeit der Erde ausgesehen: Glühende Lava allerorten – erst später hat sich feste, und kühle Erdkruste, ausgebildet.
Auf der Erde selbst wurde vor 4,5 Milliarden Jahren die Entwicklung vom ungemütlichen Feuerball zum – zumindest oberflächlich – kühlen Festkörper jäh unterbrochen und umgekehrt: Die sich bildende Erdkruste schmolz unter der freigesetzten Energie des Treffers wieder auf, und glutflüssige Magma zirkulierte wieder um den Planeten. Leben konnte sich hier noch lange nicht entwickeln. Dieses sollte sich erst einige hundert Millionen Jahre später im Archaikum bilden, doch sind diese fossilen Bakterienspuren ebenso umstritten wie einige, angeblich organische Kohlenstoffnachweise in zirkonumhüllten Diamanten aus der Zeit um 4,2 Milliarden Jahre vor heute.

Gerade diese Extremthese steht unter schwerem Beschuss – im wahrsten Sinne des Wortes: Denn nach dem Einschlag des marodierenden Planeten beruhigte sich die Situation keineswegs. Im Gegenteil hagelten weiterhin Asteroiden verschiedenster Größe auf die Erde und heizten die Erdkruste immer wieder auf. Vor allem während des so genannten Großen Bombardements (Late Heavy Bombardement, LHB) vor 4,1 bis 3,9 Milliarden Jahren ging ein regelrechtes Trommelfeuer auf Erde, Mond, Mars, Venus und Merkur nieder: Die zahlreichen Krater unseres Trabanten zeugen heute noch davon.

Kaum ein Erdgestein blieb aus dieser Zeit erhalten, und es erscheint aussichtslos das etwas Lebendiges durch diese Zeit kommen konnte – selbst wenn es schon davor existiert hatte. Doch genau dies halten Oleg Abramov und Stephen Mojzsis von der University of Colorado in Boulder für möglich: Ihrer Meinung nach reichte der Beschuss aus dem All bei Weitem nicht aus, um den gesamten Erdkörper inklusive der sich darauf bildenden Urozeane zu sterilisieren. Stattdessen könnte Leben an geschützten Orten sehr wohl überdauert haben. Die beiden Geologen schließen nicht einmal aus, dass die Mikroben von diesen Treffern profitierten.

Erde 0.5 | Im Computer simulierten die Forscher, welche Folgen es hat, wenn zahlreiche Asteroiden den Erdkörper treffen. Im Gegensatz zu bisherigen Mutmaßungen schmolz wohl während des heftigsten Bombardements aus dem All nicht wieder die ganze Erdkruste auf, sondern nur lokal. Frühes Leben hätte tatsächlich überleben können.
Ihr Ansatz ist allerdings ein sehr theoretischer, denn er beruht rein auf einem dreidimensionalen Computermodell, welches das LHB simuliert. Gefüttert wurde das Programm mit den Daten vorhandener Mondgesteine der Apollo-Missionen sowie verzeichneter Einschläge auf dem Trabanten, Mars und Merkur. Auch unter heftigstem Feuer schmolz demnach allenfalls etwas mehr als ein Drittel der Erdkruste wieder auf und wurde lebensfeindlich; bei einer durchschnittlichen Anzahl an Einschlägen war sogar nur ein Viertel der Oberfläche betroffen. Und auf weniger als einem Zehntel der Erdoberfläche hätten tödliche Temperaturen um 500 Grad Celsius geherrscht.

Es blieb also noch genügend Raum, in dem Mikroben überdauern und von dem sie aus verwüstete Areale wiederbesiedeln konnten – in tieferen Schichten der Erdkruste beispielsweise oder an hydrothermalen Quellen in den Abgründen der jungen Ozeane, die selbstredend ebenfalls nur mancherorts verdampften. Heute existieren ganze Bakteriengemeinschaften in Basaltgesteinen in drei Kilometer Tiefe, andere wurden in Bohrlöchern aus noch größeren Distanzen an die Erdoberfläche geholt. Auch höhere Temperaturen halten diese Wesen durchaus aus, schließlich existieren in den heißen Geysiren des Yellowstones in Nordamerika Archeen, die selbst 121 Grad Celsius noch tolerieren – und es ist gut möglich, dass damals sogar noch extremophilere Arten vorhanden waren. Zudem können Mikroben in Flüssigkeiten selbst im Gestein in relativ kurzer Zeit große Distanzen zurücklegen und derart verwaiste Gebiete zurückerobern.

Geht es nach dem Modell der beiden Geologen, hat das Trommelfeuer die Situation für das Urzeitleben vielleicht sogar noch verbessert, da es die für hitzeliebende Arten geeigneten Lebensräume vergrößerte: Die Thermophilen fanden über längere Zeit bessere Bedingungen vor. Nun müssten nur noch Spuren dieser widerständigen Gesellen gefunden werden, – ein Unterfangen mit derzeit wohl noch eher geringen Erfolgsaussichten. Gelingt dieser Nachweis eines Tages dennoch, sollten wir jedenfalls mit Stolz auf unsere urigsten Vorfahren zurückblicken: Immerhin überstanden sie die ungemütliche Unterwelt der Erdgeschichte.
  • Quellen
Abramov, O., Mojzsis, S.: Microbial habitability of the Hadean Earth during the late heavy bombardement. In: Nature 459, S. 419–422, 2009.

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