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News: Und es gibt sie doch...

Jeder kennt Sie: Die Geschichten von Menschen, die sich vom Blut anderer ernähren, wurden in unzähligen Büchern und Filmen verbreitet. Und immer wieder taucht die Frage auf, warum diese Sage überhaupt entstanden ist und auf welcher Grundlage sie beruhen könnte. Jetzt gibt es eine neue Untersuchung über eine natürliche Erklärungsmöglichkeit. Ein spanischer Wissenschaftler befaßt sich mit der Meinung, sogenannte "Vampire" könnten mit Tollwut infiziert gewesen sein.
Die Legende von Vampiren, die ihre Opfer beißen und sich von deren Blut ernähren, könnte auf Männern beruhen, die um das Jahr 1700 an Tollwut litten. Diese These stellt Juan Gûmez-Alonso vom Xeral Hospital in Vigo, Spanien, auf. Seine Vermutung legt er in der Septemberausgabe 1998 von Neurology dar. Das Tollwutvirus, welches das Gehirn über das periphere Nervensystem beeinflußt, wirkt tödlich, wenn es unbehandelt bleibt. Seine Übertragung erfolgt meist durch den Biß eines Tieres. Gerade in den Jahren von 1721 bis 1728 trat in Ungarn eine große Tollwutepidemie auf – etwa zu der Zeit und an dem Ort, wo die Legende vom Vampirismus ihren Anfang nahm.

Gûmez-Alonso stützt seine Vermutung auf verschiedenste Hinweise: So sind zum Beispiel der Erzählung nach die meisten Vampire männlichen Geschlechts. Tollwut kommt ebenfalls bei Männern siebenmal häufiger vor als bei Frauen. Und mit Tollwut infizierte Männer zeigen eine Tendenz, andere Menschen zu beißen.

Auch die Abneigung gegen Knoblauch und Spiegel könnte erklärt werden. Die Tollwütigen reagieren überempfindlich auf bestimmte Reize, wie Wasser, Licht, Gerüche und auch Spiegelungen: Es treten Krämpfe in den Muskeln des Gesichts und der Stimmbänder auf, blutiger Schaum kann sich um den Mund bilden, und die Betroffenen fletschen die Zähne. Doch damit nicht genug. Es ist auch wahrscheinlich, daß sie in der Nacht herumwandern, da sie an Schlaflosigkeit und Unruhe leiden. Außerdem könnte die den Vampiren nachgesagte Vorliebe für schöne Frauen erklärt werden: Männer, die mit Tollwut infiziert sind, zeigen einen erhöhten Sexualtrieb. Die Krankheit beeinflußt das limbische System ihres Gehirns, welches die Gefühle und das Verhalten steuert.

Gûmez-Alonso beschäftigt sich auch mit der Deutung noch weiterer Aspekte des Vampirismus. Er ist der Meinung – da die Tollwut Menschen dazu bringen kann, ein tierähnliches Verhalten an den Tag zu legen –, ist es vorstellbar, "daß Männer und Tiere mit identischem wilden und seltsamen Verhalten als die gleichen bösartigen Existenzen angesehen wurden." Damit ließe sich die mögliche Wandlung von Vampiren in Fledermäuse oder Wölfe erklären.

Sogar die Sagen über das ewige Leben der Vampire könnten ihren Ursprung in einem Symptom der Tollwut haben. Im 18. Jahrhundert wurden die Körper solcher Menschen, die als Vampire verdächtigt wurden, häufig exhumiert. Als Zeichen von Vampirismus galten ein lebensgleiches Aussehen der Leiche und aus dem Mund rinnendes Blut. Bei Toten, die an Tollwut erkrankt waren, kann die Blutgerinnung stark verzögert eintreten, so daß tatsächlich noch lange nach dem Ableben Blut aus dem Mund fließt. Das lebensechte Aussehen ist allerdings ausnahmsweise nicht durch die Krankheit, sondern durch den Ort zu erklären: Das Begräbnis an einem kalten und feuchten Platz – wie zum Beispiel im Balkan – kann jeden Körper über Monate oder gar Jahre konservieren.

Nach Meinung des spanischen Wissenschaftlers weist die Verbindung von Vampirismus und Tollwut eine größere Wahrscheinlichkeit auf als die bisherigen Erklärungsversuche, wie Schizophrenie oder ganz einfach Aberglauben.

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