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News: Wale mit Kultur

Bei einigen Walarten könnte das in der Familie erlernte Verhalten den Verlauf der genetischen Evolution beeinflußt haben. Untersuchungen bei Pottwalen, Pilotwalen und Schwertwalen lassen vermuten, daß die ältesten und erfahrensten Weibchen ihren Nachwuchs unterrichten. Sie bringen ihnen Verhaltensmuster bei, die wesentliche Vorteile im Kampf ums Überleben sichern, was sich sogar in der - auf mütterlicher Linie vererbten - genetischen Vielfalt dieser Arten wiederspiegelt.
Hal Whitehead und Linda Weilgart, Meeresbiologen der Dalhousie University in Halifax, Neuschottland, wollten die Auswirkungen der intensiven Jagd auf Pottwale im Pazifik untersuchen. Sie sammelten Daten über die Tonmuster der Wale und ihre Schwanznarben, die Auskunft geben könnten, wie gut sich der Wal gegen Raubtiere behauptet hat. Außerdem nahmen sie abgestreifte Hautproben für genetische Tests. Bei ihren Untersuchungen fanden sie zwar keine verwertbaren Aussagen aus den Schwanznarben oder den Tonmustern, aber sie entdeckten ein genetisches Muster: Die mitochondrielle DNA (mtDNA), die nur von der Mutter vererbt wird, belegte, daß Walgruppen mit ähnlichen Rufen und Markierungen miteinander verwandt waren (Science vom 27. November 1998).

Whitehead schloß daraus, daß die Wale ihre Rufe und vermutlich auch anderes Verhalten innerhalb der Familiengruppen weitergeben. Beim Durcharbeiten bereits veröffentlichter genetischer Analysen anderer Wale entdeckte er, daß Pott-, Pilot- und Schwertwale eine sehr geringe mtDNA-Vielfalt aufweisen. Bei diesen Walarten verbringt der Nachwuchs sein Leben mit den Müttern und der mütterlichen Verwandtschaft. Whitehead glaubt, daß sich die mtDNA-Vielfalt im Verlauf der Walevolution eingeengt hat, bedingt durch die Überlieferung erfolgreicher Verhaltensweisen – sozusagen durch kulturelle Selektion. Verhalten wie zum Beispiel Fütterungstechniken, Babysitting und Verteidigungsmethoden gegen Raubtiere wurde von den älteren Weibchen an die Kälber weitergegeben. In einem Computermodell fand Whitehead heraus, daß ein theoretisches kulturelles Verhalten, das einen zehnprozentigen Vorteil bei der Fortpflanzung verleiht und an 95 Prozent der Töchter weitergegeben wird, die mtDNA-Vielfalt in 300 Generationen auf nahezu Null reduziert.

"Es ist schwierig, eine derart radikale These stichhaltig zu untermauern," sagt Bernd Wursig, Meeresbiologe der Texas A&M University in Galveston, "weil wir so wenig über Walverhalten und Walgenetik wissen." Whitehead selbst gibt zu, daß seine Theorie noch lange nicht bewiesen ist, aber "sie paßt besser zu allen verfügbaren Daten als jede andere Erklärung."

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