Persönlichkeit: Was ist des Bösen Kern?
Ob aggressiv oder narzisstisch, machthungrig oder kriminell: Bei unangenehmen Zeitgenossen findet man eine breite Palette von unpopulären Charakterzügen. Diese haben auf den ersten Blick nicht viel gemein. Aber haben sie doch einen gemeinsamen Kern? Diese Frage beantworten US-Forscher in einer Studie, die 2018 in der Fachzeitschrift »Journal of Personality Research« erschien.
Das Team um David Marcus von der Washington State University analysierte Daten aus zwei Stichproben von rund 2800 Studierenden sowie zirka 850 weiteren Probanden, die über die Onlineplattform Mechanical Turk rekrutiert wurden. Die Teilnehmer gaben Auskunft, ob sie zu kriminellen und aggressiven Verhaltensweisen neigten, zum Beispiel »Ich habe Geld von meinen Eltern gestohlen«. Des Weiteren beurteilten sie sich selbst in Hinblick auf unsoziale Einstellungen und Eigenschaften wie »Es fällt mir leicht, andere Menschen zu manipulieren«. Damit erfassten die Forscher unter anderem die so genannte Dunkle Triade, die drei Persönlichkeitsdimensionen Psychopathie, Narzissmus und Machiavellismus (das rücksichtslose Streben nach Macht).
Mittels einer Netzwerkanalyse setzten die Psychologen nun die Merkmale in all ihren Facetten zueinander in Beziehung. Um herauszufinden, welche von ihnen die zentralen Knotenpunkte im Netzwerk des Bösen bildeten, zogen sie verschiedene Kennwerte heran. Wie stark hängt ein Merkmal im Schnitt mit den übrigen zusammen? Wie viele andere sind über dieses Merkmal miteinander verbunden? Zwei von ihnen entpuppten sich als zentrale Knotenpunkte: die Gefühlskälte oder Gleichgültigkeit gegenüber Mitmenschen und die Bereitschaft, andere zum eigenen Vorteil zu manipulieren.
Bemerkenswert laut Marcus und Kollegen: Dieselben beiden Eigenschaften hatten die Psychologen Daniel Jones und Aurelio Figueredo schon 2013 als »Herz« der Dunklen Triade ausgemacht. Sie hatten zwar teils andere Charaktermerkmale erhoben und an Stelle einer Netzwerkanalyse so genannte Strukturgleichungsmodelle eingesetzt, waren aber trotzdem zum gleichen Ergebnis gekommen.
Wie Jones und Figueredo glauben auch Marcus und sein Team: »Eine wirklich bösartige Persönlichkeit muss sowohl gefühlskalt als auch manipulativ sein.« Wer seiner Umwelt gleichgültig begegne, aber nicht zu Manipulationen fähig sei, werde sich sozial isolieren, aber niemandem Schaden zufügen. Und wer kein Herz aus Stein habe, werde seine Manipulationskünste eher für gute Zwecke einsetzen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.