News: Weg mit unnötigem Ballast
Wissenschaftler wissen schon lange, daß nicht alle Gene lebensnotwendig sind. Schaltet man diese aus, wird der Organismus dadurch zwar beeinträchtigt, doch das muß nicht unbedingt zum Tode führen. Um herauszufinden, welchen Teil des Genoms Mycoplasma genitalium tatsächlich zum Leben braucht, wendeten die Wissenschaftler die Transposon-Mutagenese an. Transposons sind DNA-Fragmente, die sich selber in das Genom einbauen und dadurch die betroffenen Gene ausschalten können. " Zellen, die nach dieser Behandlung wachsen und sich teilen, können den zerstörenden Ballast nur in nicht wesentlichen Genen enthalten," sagte Hutchison. Anhand der eingebauten Transposons untersuchten die Wissenschaftler anschließend, welche Gene ausgeschaltet worden waren. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es durchaus Gene gibt, welche die Funktion für andere übernehmen, errechneten die Forscher, daß lediglich 265 bis 350 für dieses Bakterium wirklich lebensnotwendig sind (Science vom 10. Dezember 1999).
Ein Drittel aller als notwendig identifizierten Gene hat, zur Überaschung der Wissenschaftler, noch unbekannte Funktionen. Die Zerstörung anderer hingegen, welche die Forscher als lebenswichtig angesehen hatten, führte nicht zum Tod der Zelle. Ein deutlicher Hinweis darauf, daß andere Gene deren Dienst übernommen hatten. "Diese Erkenntnisse werfen die Frage auf, ob wir, wie sonst immer angenommen wird, die grundlegenden Mechanismen des zellulären Lebens wirklich alle schon verstanden haben", so Hutchison.
Das Wissen, welche Gene für einen Organismus nun tatsächlich lebensnotwendig sind, kann eines Tages vielleicht dazu führen, daß Forscher im Labor Leben "kreieren" können. Mildred Cho vom Stanford University Center for Biomedical Ethics meint dazu, neues Leben zu schaffen, würde an sich keine moralischen Grenzen verletzen. Allerdings kritisiert sie die Tendenz, lebende Organismen lediglich als Summe ihrer DNA zu betrachten.
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