Serie Astrofotografie: Mit Kamera und Teleskop zum perfekten Astrofoto
Im Internet und in Wissenschaftsmagazinen stößt man immer wieder auf beeindruckende Bilder von Objekten des Nachthimmels. Einige dieser Aufnahmen stammen von professionellen Sternwarten, wie dem Very Large Telescope in Chile, andere vom Weltraumteleskop Hubble oder dem James Webb Space Telescope. Es gibt jedoch auch eine nicht unerhebliche Anzahl von Fotos, die von Amateurastronominnen und Amateurastronomen aufgenommen wurden (etwa das Teaserbild ganz oben in diesem Artikel).
Vielleicht haben Sie ein eigenes Teleskop und möchten hiermit einmal Sternhaufen, galaktische Nebel oder Galaxien – so genannte Deep-Sky-Objekte – fotografieren. In diesem Artikel erfahren Sie, was dazu alles nötig ist. Ich richte mich damit an Interessierte im Amateurbereich, die noch keine Erfahrungen in der Astrofotografie besitzen. Technische Details mit praktischen Beispielen beschreibe ich ausführlich in meiner YouTube-Serie »Astrophotocologne – alles über Astrofotografie«.
Serie Astrofotografie: Der Weg zum Deep-Sky-Foto
Sternhaufen, Galaxien, galaktische Nebel: Solche himmlischen Objekte lassen sich nicht nur mit Hilfe von Teleskopen in professionellen Sternwarten oder mit Weltraumteleskopen wunderbar ablichten. In dieser Serie verraten wir, wie das perfekte Astrofoto auch zu Hause gelingt – vom richtigen Equipment über die Aufnahmetechnik bis hin zur Bildbearbeitung.
Teil 1: Mit Kamera und Teleskop zum perfekten Astrofoto
Teil 2: Die richtige Aufnahmetechnik für Galaxien, Sternhaufen und Nebel
Teil 3: Astrofotos mit Bildbearbeitung in Szene setzen
Fotografieren: Mit oder ohne Fernrohr?
Auch ohne ein Teleskop kann der Einstieg in die Deep-Sky-Fotografie gelingen, beispielsweise mit einem Teleobjektiv und einer bereits vorhandenen Kamera. Es gibt auch relativ günstige kompakte Montierungen, die leicht transportabel sind. Mit Hilfe solcher Reisemontierungen, auch Star Tracker genannt, lassen sich Kamera und Objektiv der Drehung des Sternhimmels nachführen. Jedoch beweisen Astrofotografen immer häufiger, dass auch ohne eine Nachführung schöne Aufnahmen möglich sind (siehe »Mit leichter Ausrüstung«).
Die gängige Praxis in der Deep-Sky-Astrofotografie besteht aber nach wie vor darin, ein Teleskop samt angeschlossener Kamera auf einer äquatorialen Montierung zu betreiben (siehe »Die Ausrüstung für Deep-Sky-Aufnahmen«). Vielleicht haben Sie ja bereits ein Teleskop, das auf einer stabilen Montierung sitzt und beobachten damit den Sternhimmel. Im Folgenden möchte ich zeigen, was zusätzlich nötig ist, um nachgeführte Aufnahmen von Sternhaufen, Emissionsnebeln oder Galaxien zu erstellen.
Sie werden erkennen, dass diese Form der Astrofotografie ein recht komplexes Themengebiet ist. Allerdings war es noch nie so einfach, in dieses Hobby einzusteigen – einerseits weil die Technik immer weiter voranschreitet und andererseits weil das benötigte Knowhow durch Bücher, Blog-Artikel oder YouTube-Videos unkompliziert zugänglich ist. Ähnliches gilt für die Anschaffung der benötigten Geräte: Zwar ist die Astrofotografie vergleichsweise kostspielig; jedoch sind die Preise für leistungsfähige Kameras, Teleskope und Montierungen in den letzten Jahren gesunken. Betrachten wir zunächst einige Eigenschaften des Teleskops, das bei der Astrofotografie als Teleobjektiv genutzt wird.
Das Teleskop: Refraktor, Reflektor & Co
Grundsätzlich gilt es, zwischen Linsenteleskopen (Refraktoren) und Spiegelteleskopen (Reflektoren) zu unterscheiden. Bei der Astrofotografie mit Linsenteleskopen werden überwiegend apochromatische, also farbreine Optiken eingesetzt. Weit verbreitet sind auch Spiegeloptiken wie Newton- und Schmidt-Cassegrain-Teleskope. Beide Bauarten haben Vor- und Nachteile: Apochromatische Refraktoren sind hinsichtlich der Bedienung unproblematisch und liefern eine sehr gute Abbildungsqualität; allerdings sind sie recht teuer. Ein Newton-Reflektor hingegen ist relativ günstig. Die optische Qualität der Spiegel ist generell auch sehr gut, aber mechanisch haben diese Teleskope oft Defizite. Ob man einen Reflektor oder einen Refraktor zur Astrofotografie einsetzen möchte, ist letztlich eine persönliche Entscheidung.
Alle genannten Teleskope haben die Eigenart, dass ihre Abbildung zum Rand des Gesichtsfeldes hin schlechter wird und teilweise unansehnliche Sternabbildungen verursacht. Bei den Linsenteleskopen werden daher so genannte Field Flattener eingesetzt, welche die Randschärfe verbessern. Bei den Spiegelteleskopen handelt es sich um Komakorrektoren, mit denen ein physikalisch bedingter Abbildungsfehler eines Spiegels korrigiert wird, der randnahe Sternabbildungen wie winzige Kometen mit Schweif aussehen lässt – man spricht hierbei vom Komafehler.
Die entsprechenden optischen Korrektoren werden zwischen Teleskop und Kamera angebracht. Es gibt Teleskope, die speziell auf die Deep-Sky-Astrofotografie ausgerichtet und bereits von Anfang an als optisch korrigierte Einheiten konzipiert sind. Diese Geräte werden als Astrografen bezeichnet und gehören zum Besten, was man sich für die Astrofotografie anschaffen kann. Allerdings sind Astrografen vergleichsweise teuer. Ein solches Gerät mit 13 Zentimeter Öffnung kann durchaus 3500 Euro oder mehr kosten.
Die Öffnung eines Teleskops – der freie Durchmesser seines Objektivs oder Spiegels – bestimmt, wie viele feine Details sich bestenfalls auf den Bildern erkennen lassen, also das Auflösungsvermögen. Gleichzeitig dient die Öffnung als Lichtsammelfläche. Die Brennweite hingegen ist verantwortlich für die Größe des Bildfeldes: Je kürzer sie ist, desto größer ist das überschaubare Himmelsfeld. Der Quotient aus der Brennweite und der Öffnung ist das Öffnungsverhältnis. Beispielsweise hat ein Teleskop mit 800 Millimeter Brennweite und 200 Millimeter Öffnung ein Öffnungsverhältnis von 4. Es wird in der Form f/4 (gesprochen: »f zu vier«) angegeben. In der Deep-Sky-Astrofotografie sind also Teleskope mit großer Öffnung und einem kleinen Öffnungsverhältnis von Vorteil: Sie sammeln relativ viel Licht und bieten ein großes überschaubares Himmelsfeld, was bei der Fotografie ausgedehnter galaktischer Nebel oder von Milchstraßenpartien vorteilhaft ist. Glücklicherweise sind schon mit kleinen Teleskopen mit Öffnungen um zehn Zentimeter atemberaubende Himmelsaufnahmen möglich.
Entscheidend: Die Nachführung
Erfahrene Astrofotografen werden Ihnen immer sagen, dass der wichtigste Teil einer Ausrüstung die Teleskopmontierung sei. Ist sie hochwertig, dann hält sie das Teleskop stabil in der gewünschten Position und das anvisierte Himmelsobjekt präzise im Bildfeld. In der Deep-Sky-Astrofotografie kommen dafür ausschließlich äquatoriale Montierungen zum Einsatz, die auch als parallaktische Montierungen bezeichnet werden. Sie verfügen über zwei Drehachsen für die Himmelskoordinaten Rektaszension und Deklination, wobei die Rektaszensionsachse exakt auf den Himmelspol ausgerichtet werden muss. Sind beide Achsen motorisiert, dann können Objekte am Himmel punktgenau angefahren werden; diese Funktionalität nennt man GoTo.
Durch eine gleichmäßige Drehung der motorisierten Rektaszensionsachse wird auch die Drehung der Erde unter dem Sternhimmel ausgeglichen. So können Objekte über einen langen Zeitraum im Blickfeld des Teleskops gehalten werden – hierfür gibt es allerdings Grenzen: Eine nicht exakte Ausrichtung auf den Himmelspol sowie mechanisch nicht vermeidbare Ungenauigkeiten der Montierung sorgen dafür, dass sich die Sterne im Blickfeld doch minimal bewegen. Um diese Restfehler auszugleichen, muss man die Position der Objekte innerhalb des Bildfelds ständig messen und sie durch Korrekturen bis auf eine Bogensekunde genau im Bildfeld der Kamera halten. Diese Aufgabe übernimmt ein Autoguider (siehe »Den Leitstern im Blick behalten«): eine kleine unabhängige Kamera, die mit einem Rechner verbunden ist, der die Nachführgenauigkeit einer Montierung überwacht und bei kleinen Abweichungen Korrekturen vornimmt.
Den Leitstern im Blick behalten
Eine zur Himmelsfotografie von Deep-Sky-Objekten genutzte digitale Astrokamera oder Spiegelreflexkamera wird mit einem lichtstarken Teleskop, dem Hauptfernrohr, verbunden. Parallel zu diesem Teleskop ist ein kleineres Leitfernrohr montiert, mit dem der zur Nachführung genutzte Stern anvisiert wird. Eine an das Leitrohr angeschlossene Nachführkamera (englisch: guide cam) nimmt den Stern ständig auf und sendet das Bild an eine Steuereinheit. Diese wertet die Aufnahme aus und berechnet die Position des Sterns im Bild (siehe »Automatische Nachführung«).
Weicht die Istposition des zur Kontrolle genutzten Sterns im Bildfeld von der Sollposition ab, dann sendet die Steuereinheit einen Korrekturbefehl an die Teleskopmontierung. Auf diese Weise gelingt es, das zu fotografierende Himmelsfeld während der Belichtung präzise im Blick zu behalten. Im Fall der Steuereinheit MGEN-3 ist jederzeit eine aktuelle Aufnahme des Leitsterns sichtbar, zusammen mit Diagrammen der gemessenen Posititionsabweichungen (siehe »Das Display des Autoguiders«).
Bei der Konstruktion des Autoguiders MGEN-3 gingen die Ingenieure noch einen Schritt weiter: Dieses Gerät nutzt zur Nachführkontrolle nicht nur einen einzelnen Stern, sondern wählt selbstständig bis zu 100 Sterne innerhalb des Gesichtsfelds der Kamera aus – und vermag damit sogar den störenden Einfluss der Luftunruhe auf die Nachführgenauigkeit zu beseitigen. Dieses »Multistar guiding« ermöglicht eine deutlich bessere Nachführung im Vergleich zur herkömmlichen Methode.
Um einen Autoguider zu betreiben, wird ein zweites, kleineres Teleskop benötigt – das Leitfernrohr, welches parallel auf das Hauptteleskop aufgesattelt wird. An Stelle eines Okulars wird an das Leitrohr die erwähnte kleine Nachführkamera (englisch: guide cam) angeschlossen. Die Chipgrößen solcher Guide cams sind eher klein, mit derjenigen einer Webcam vergleichbar. Mit Hilfe einer Software erstellt die Guide cam in jeder Sekunde ein Bild eines Sterns. Auf jedem Bild wird die aktuelle Position des Sterns gemessen. Sobald sich der Stern signifikant von der Sollposition entfernt hat, schickt die Software einen Steuerimpuls an die Montierung, die dann selbstständig eine Korrektur vornimmt. Kein Astrofotograf möchte heute noch auf diesen Komfort verzichten, und darum ist eine Autoguiding-Einheit fester Bestandteil moderner Ausrüstungen.
Die Software eines Autoguiders kann entweder auf Ihrem Laptop installiert oder aber Teil einer separaten Steuereinheit sein, die eigenständig (englisch: stand-alone) arbeitet. Die Vorteile eines Stand-alone-Autoguiders liegen in seiner Kompaktheit und der Einfachheit seiner Bedienung. Ein Nachteil ist ganz klar der Preis: Der gängigste Autoguider, das Modell MGEN-3 der österreichischen Firma Lacerta, kostet derzeit knapp 1000 Euro
Alternativ dazu kann man die Steuersoftware auf dem eigenen Laptop betreiben, denn sie ist im Internet sogar kostenlos erhältlich. Allerdings ist in diesem Fall noch die Anschaffung einer Guiding-Kamera erforderlich, die einige hundert Euro kosten kann. Zudem empfinden es viele Astrofotografen als lästig, ihr Laptop nachts am Teleskop bedienen zu müssen – jedoch besteht hierzu keine Alternative, sofern man tiefer in die Deep-Sky-Astrofotografie einsteigen möchte.
Immer beliebter werden auch Minicomputer, die auf das Teleskop aufgesattelt werden und dann verschiedene Steueraufgaben übernehmen können, wie etwa auch das Autoguiding. Hier hat der chinesische Kamerahersteller ZWO mit seinem Produkt ASI AIR neue Maßstäbe gesetzt.
Das Herzstück: Die Astrokamera
Natürlich ist die Wahl einer geeigneten Kamera für den Erfolg entscheidend. Es gibt mittlerweile ein völlig unübersichtliches Angebot an Produkten, die speziell für die Astrofotografie hergestellt werden. Jedoch gelingen spektakuläre Deep-Sky-Fotos auch mit herkömmlichen Fotoapparaten, wie sie auch in der Tageslichtfotografie verwendet werden. Gerade Anfänger sollten auf diese Weise beginnen, zumal eine solche Kamera möglicherweise schon vorhanden ist und somit keine zusätzlichen Kosten verursacht. Hierbei kommen solche in Betracht, die den Einsatz von Wechselobjektiven ermöglichen, denn das Objektiv wird vor der Fotografie am Teleskop vom Kameragehäuse entfernt. Zudem sollten die Kamera über einen Kabel- oder Fernauslöser beliebig lange ausgelöst werden können (Bulb-Modus). Die Wahl fällt dann zwangsläufig auf digitale Spiegelreflexkameras.
Auch die Frage nach einem geeigneten Hersteller lässt sich nicht leicht beantworten. Als die Firma Canon damit begann, digitale Spiegelreflexkameras herzustellen, boten diese Geräte besondere Vorteile, insbesondere wegen ihrer Sensoren und einiger speziell für die Astrofotografie entwickelten Varianten. Eine Zeit lang gab es keine Alternative zu diesen Produkten, bis der Konkurrent Nikon nachzog, und ebenfalls für die Deep-Sky-Astrofotografie interessante Kameras produzierte. Auch wenn es heute technisch keinen Unterschied mehr macht, ob Sie hierfür eine Kamera von Sony, Nikon, Canon oder Pentax nutzen, ist Canon immer noch die am häufigsten vertretene Marke im Deep-Sky-Bereich. Dies spiegelt sich auch im Angebot an Zubehör wider, speziell für die Astrofotografie, sowie in der Kompatibilität der verwendeten Software. Grundsätzlich macht man aber mit Produkten der großen Hersteller nichts falsch, und wer bereits eine Kamera einer speziellen Marke besitzt, sollte mit dieser zunächst starten.
Bleibt noch die Frage nach den geeigneten Kamerasensoren. Digitale Spiegelreflexkameras enthalten meistens entweder APS-C-Chips im Format von 14,9 x 22,3 Millimetern oder Sensoren im klassischen Vollformat von 24 x 36 Millimetern. Die dedizierten Astrokameras haben teilweise noch kleinere Chips. Auch die Pixelgröße ist ein Faktor, der in die Überlegungen zur Wahl der geeigneten Kamera einfließen muss. Das ganze Thema ist jedoch recht komplex und würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Nähere Erläuterungen hierzu finden sich auf meinem YouToube-Kanal in der Folge »Die ideale Pixelgröße«.
Ein Problem gibt es allerdings mit handelsüblichen Kameras: Die überwiegende Zahl der Gasnebel in unserem Milchstraßensystem leuchtet im Licht der H-Alpha-Linie des Wasserstoffs, also im roten Spektralbereich, bei der Wellenlänge von 656,3 Nanometern. In Kameras, die zur Tageslichtfotografie eingesetzt werden, befindet sich vor dem Sensor ein Filter, der Licht dieser Wellenlänge blockiert. Deshalb haben einige Hersteller limitierte Auflagen ihrer Kameras als Astrovariante auf den Markt gebracht. Auch hier war Canon Vorreiter (siehe »Gängige Astrokameras«). Die Bezeichnungen der für astrofotografische Anwendungen geeigneten Modelle wurden mit dem Zusatz »a« versehen. Die Bezeichnungen der entsprechenden Modelle lauten Canon EOS 20Da, EOS 60Da und EOS Ra. Nikon hat ebenfalls ein Modell auf den Markt gebracht, die Nikon D 810A.
Bei diesen Kameras wurde der Filter vor dem Chip durch einen solchen ersetzt, der das Licht der H-Alpha-Linie durchlässt. Kameras, die nicht bereits ab Werk für die Astrofotografie optimiert wurden, können entsprechend modifiziert werden. Verschiedene kleine Firmen – die meist selbst von Astrofotografen betrieben werden – bieten diesen Service an. Allerdings bedeutet ein solcher Eingriff, dass die Kamera ihre Herstellergarantie verliert und zudem nur noch eingeschränkt für die Tageslichtfotografie nutzbar ist: Insbesondere menschliche Hauttöne werden dann nicht mehr natürlich wiedergegeben, sondern rosafarben.
Bereit für die Fotosession
Wenn das Wetter mitspielt und der Mond den Nachthimmel nicht zu sehr aufhellt, kann die Astrofotografie beginnen. Welche Vorbereitungen vor Ort zu treffen sind, wie die einzelnen Aufnahmen zu belichten sind und welche Bearbeitungsschritte schließlich zu einem ansehnlichen Deep-Sky-Foto führen – diesen Fragen widmet sich der zweite Teil dieser Serie.
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