News: Wenn der Groschen fällt
Die meisten Menschen werden sich über das Phänomen wohl keine großen Gedanken machen, es sei denn, sie sind Mathematiker oder Physiker. Wenn dieses Spiel nämlich gemäß ihren Formeln ablaufen würde, müsste die Münze eigentlich immer mehr beschleunigen und sich bis in alle Ewigkeit weiter drehen. Diesen Punkt nennen Wissenschaftler eine Singularität. Dass dies nicht der Fall ist, kann jeder bestätigen. Eine Erklärung dafür präsentierte jetzt der britische Mathematiker Keith Moffatt vom Isaac Newton Institute for Mathematical Sciences in Cambridge (Nature vom 20. April 2000).
Seinen Überlegungen zufolge spielt die Luftschicht zwischen der Münze oder einer beliebigen anderen Scheibe und der Tischoberfläche die entscheidende Rolle. Wenn sich das Geldstück dreht, verliert es auf Grund des Reibungswiderstandes der Luft und der Unterlage Energie. Sobald es sich jedoch zur Seite neigt, dreht es sich nur noch auf seiner Kante. Gleichzeitig geht die potentielle in kinetische Energie über und die Scheibe rotiert immer schneller. Da Mutter Natur aber nur ungern Singularitäten zulässt, stoppt sie die Münze mit Hilfe der inneren Reibung der Luft, von Wissenschaftlern auch als Viskosität bezeichnet. "In der letzten Phase, wenn die Scheibe über dem Tisch vibriert, wird dabei ein dünnes Luftkissen eingeschlossen. Deshalb wird viel Energie dissipiert und die Münze hält plötzlich an", erklärt Moffatt. Das sei ein Beispiel für eine Singularität mit begrenzter Lebensdauer, fügt er noch hinzu.
Das einfache Experiment mit Tisch und Münze hat noch einen großen Bruder, die Euler-Disk. Auch dieses Spielzeug – eine etwa 400 Gramm schwere verchromte Stahlscheibe, die auf einer spiegelnden Oberfläche scheinbar nie zur Ruhe kommt und sogar zu summen beginnt – hat Moffatt genauer unter die Lupe genommen. Wie er herausfand, macht es fast keinen Unterschied, mit welcher Startgeschwindigkeit und unter welchem Winkel der Spieler die Scheibe in Bewegung setzt. Sie hält etwa immer 100 Sekunden aus, bevor sie sich mit einem letzten Aufbäumen zur Ruhe legt, berichtet er. Eine Beobachtung, die seine Formel bestätigt.
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.